10 Jahre danach – was ist noch von „Charlie“ übrig?

Heute vor 10 Jahren verübten zwei Terroristen einen blutigen Überfall auf die Redaktion des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ und töteten dabei 12 Menschen.

Auch in Freiburg wurde "Je suis Charlie" zum geflügelten Wort. Doch das ist lange her... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Sie hießen Charb, Cabu, Honoré, Tignous, Wolinski, Bernard Maris, Elsa Cayat, Michel Renaud, Moustafa Ourrad, Franck Brinsolaro, Ahmed Merabet und Frédéric Boisseau und sie starben im Kugelhagel von zwei islamistischen Terroristen, deren Namen nie mehr genannt werden sollten. Hintergrund der Bluttat war die Veröffentlichung einige Jahre zuvor der Mohammed-Karikaturen, die ursprünglich von der dänischen Zeitung Jyllands-Posten und dann von France-Soir publiziert worden waren, bevor auch „Charlie Hebdo“ diese veröffentlichte. Die Terroristen wollten nicht nur die Redaktion ermorden, sondern auch die Pressefreiheit und den französischen, libertären Lebensstil, den es damals noch gab.

Das mörderische Attentat traf Frankreich ins Mark und löste eine starke Solidaritätsbewegung aus, die um die ganze Welt ging. „Je suis Charlie“ wurde zu einem geflügelten Wort, ein kurzer Satz, der bedeutungsschwer war. Doch „Je suis Charlie“ dauerte nicht lange an. Seit diesem Attentat und der furchtbaren Terrornacht im November 2015 rund ums „Bataclan“ in Paris verwandelt sich Frankreich immer mehr zu einer Hochsicherheits-Burg, die weder Sicherheit, noch Freiheit garantiert. So bitter das ist – die Terroristen waren insofern erfolgreich, als dass sie die französische Lebensart teilweise zum Erliegen brachten. Später wurde auch der Lehrer Sami Paty enthauptet, da er diese Mohammed-Karikaturen im Unterricht mit seinen Schülern besprechen wollte. Auch dieser Mord an Sami Paty ist ein Ergebnis des 7. Januar 2015, der sich wie ein blutiger Faden durch die jüngere Geschichte Frankreichs zieht.

Seitdem hat sich vieles in Frankreich verändert. Unter Präsident Macron häuften sich einerseits die Unruhen der vielen unzufriedenen Bevölkerungsgruppen, wurde die Presse schärfer reglementiert, rüstete die Polizei auf und Frankreich, das Land der Freiheit und der Menschenrechte, entwickelt sich immer mehr hin zum „Ungarn Westeuropas“.

Doch auch anderswo in Europa ist vom „Geist von Charlie“ nicht mehr viel zu sehen. In vielen europäischen Ländern erleben wir gerade einen Ruck nach Rechtsaußen und Freiheiten, wie eben auch die Pressefreiheit, werden dem Streben nach mehr Sicherheit geopfert, doch gibt es diese Sicherheit überhaupt nicht und das Abschaffen von Freiheiten ist in der Geschichte der Menschheit immer die Vorstufe zu totalitären Systemen gewesen.

In einer Zeit, in der Information zur Ware und zum Instrument der Manipulation wird (man schaue sich nur an, wem heute die großen Medien gehören – Banken, Versicherungen und Milliardären), bräuchte es heute viel mehr „Charlie“, doch das ist leider nur ein Traum. Die Realität ist, dass sich die Medienlandschaft schnell verändert und in Zeiten von „TikTok“, „Instagram“ & Co. ist „Charlie“ dabei, in Vergessenheit zu geraten.

Heute werden sicher wieder viele Reden gehalten werden, in denen sich Frankreichs Spitzenpolitiker selbst auf die Schulter klopfen und als Verteidiger von „Charlie“ aufführen werden. Man sollte sich davon nicht täuschen lassen – das Magazin „Charlie Hebdo“ gibt es zwar glücklicherweise immer noch, doch der islamistische Terror und die dazugehörige Radikalisierung schwelen weiter in dem Land, das einst das Land der freien Meinungsäußerung, der Menschenrechte, der Freiheiten war. Es ist sehr traurig festzustellen, dass die Terroristen, ähnlich wie die Terroristen der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA, viele ihrer Ziele erreicht haben.

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