100 Jahre später auf dem Hartmannswillerkopf…

Kurz vor Weihnachten trafen sich deutsche und französische Politiker, sowie Vertreter der Zivilgesellschaft, um an die schlimmste Schlacht am mythischen Hartmannswillerkopf zu denken.

Staatssekretär Markus Grübel und Minister Jean-Marc Todeschini bei der Kranzniederlegung auf dem Hartmannswillerkopf. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Der Berg liegt friedlich an der Rheinebene, in der Nähe von Wattwiller und Cernay im oberelsässischen Departement Haut-Rhin. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf den Schwarzwald auf der einen, die Vogesen auf der anderen Seite. In der Mitte fließt der Rhein, doch ist die Geographie nicht der Grund, warum aus dem Hartmannswillerkopf ein Ort der deutsch-französischen Gedächtnisarbeit geworden ist. Der Grund hierfür ist der Umstand, dass auf diesem Berg 30.000 junge Franzosen und Deutsche im I. Weltkrieg ihr Leben ließen, in einer mörderischen Materialschlacht, die am Ende nichts mit dem Ausgang dieses Kriegs zu tun haben sollte. Zum Andenken an eine der furchtbarsten Schlachten des I. Weltkriegs trafen sich am 21. Dezember der französische Minister für Kriegsveteranen Jean-Marc Todeschini und der deutsche Staatssekretär im Verteidigungsministerium Markus Grübel zu einer Zeremonie auf dem Berg, den die Elsässer ehrfürchtig „den Menschenfresser“ nennen.

Es war kalt am 21. Dezember auf dem Hartmannswillerkopf und bei der Vorlesung aus den Tagebüchern junger Soldaten aus der Zeit, vorgetragen von französischen und deutschen Jugendlichen, dachte mancher daran, wie es wohl im Dezember 1915 hier aussah, als es noch deutlich kälter war und der Tod überall auf diesem Berg wütete. Giftgas, Flammenwerfer, die von der deutschen Armee hier eingesetzt wurden, Handgranaten, Schüsse aus allen Richtungen und die Eiseskälte in den Gräben, die so dicht beieinander lagen, dass man den Feind wenige Meter entfernt sogar hören konnte. Das Sterben, das Stöhnen der Verletzten, das Wimmern derjenigen, die vor Angst verrückt wurden – hier tobte der Krieg auf seine unbarmherzige Art und Weise, befohlen von hochrangigen Militärs und Politikern, die bequem in ihren Villen in Wannsee oder Neuilly saßen und die Jugend ihrer Länder in den kalten Tod schickten.

Die Zeremonie war würdig, die Ansprachen ernst und nachdenklich, die teilnehmenden Spitzen der Zivilgesellschaft gaben der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Staatssekretär Markus Grübel versicherte den französischen Freunden nicht nur, dass Deutschland fest an der Seite Frankreichs steht, sondern schaffte es sogar, die „Marseillaise“ mitzusingen – Chapeau. Die Lesungen der Jugendlichen waren ergreifend und man spürte deutlich, dass diese junge Generation verstanden hat, dass Krieg zwischen Nationen keine Lösung sein kann, egal wie das Problem auch heißen mag. Das macht Mut.

Und dennoch, einige Details fielen störend auf. Zum Beispiel das Fehlen der Spitzen der Deutsch-Französischen Brigade, die normalerweise immer bei solchen Veranstaltungen auf dem Hartmannswillerkopf anwesend sind. Dieses Jahr waren sie von einem Stellvertreter eines Stellvertreters repräsentiert – denn die Deutsch-Französische Brigade ist gerade in Mali, im Krieg. Was dann einen Schatten auf die Aussage „Nie wieder Krieg“ wirft, denn beide Nationen, die hier auf dem Hartmannswillerkopf gemeinsam, mit der Unterstützung von Organisationen wie der Stiftung „Fondation Entente Franco-Allemande“ und anderen ein deutsch-französisches „Historial“ bauen, befinden sich gerade in einem Krieg, der zwar, wie so viele Kriege zur Zeit, nicht erklärt wurde, aber dennoch stattfindet.

Wie aber erklärt man Jugendlichen, dass Krieg keine Lösung, sondern der Gipfel der menschlichen Barbarei, die Negierung des Lebens ist, während man gleichzeitig ganze Länder mit einem Bombenteppich überzieht und Hundertausende, Millionen Menschen zur Flucht zwingt? Dieser Widerspruch konnte am 21. Dezember auf dem Hartmannswillerkopf auch nicht geklärt werden, doch ist es ermutigend, dass dieser schreckliche Ort, an dem in einer Krypta die Gebeine von 12.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Opfern ruhen, durch die unermüdliche Gedächtnisarbeit der beteiligten Partner wieder zum Leben erwacht. Auch, wenn die Botschaft „Nie wieder Krieg“ nicht nur ins Elsass und nach Baden gerufen werden muss, sondern auch nach Berlin, Paris, London, Washington, Moskau und in die anderen Hauptstädte derjenigen Länder, die trotz aller Mahnungen immer noch glauben, dass man die Konflikte dieser Welt mit Waffengewalt beenden kann.

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