1,2 Milliarden Dollar – für die Taliban?

Die Afghanistan-Geberkonferenz in Genf brachte 1,2 Milliarden Dollar zusammen, davon 100 Millionen alleine aus Deutschland. Aber für wen ist das Geld?

Geld für das Evakuieren von Geiseln? In diesen sauren Apfel wird Heiko Maas wohl beissen müssen. Foto: Mahdi Marizad / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Dass die Taliban in Afghanistan gerade Kreide fressen und versuchen, sich als „normale“ Ansprechpartner für die internationale Gemeinschaft zu positionieren, hat einen einfachen Grund. Die Taliban haben kein Geld und kommen momentan auch nicht an die im Ausland eingefrorenen afghanischen Guthaben heran. Also multiplizieren sie ihre Einladungen zur „Zusammenarbeit“, betonen, dass sie „die Sicherheit im Land aufrechterhalten“, doch die freundlichen Worte des Taliban-Sprechers Sabiullah Mudschahid („Die Welt sollte mit uns zusammenarbeiten!“) können nicht über die Berichte hinwegtäuschen, die aus verschiedenen Landesteilen Afghanistan den Weg aus dem Land schaffen – die Taliban sind dabei, genau das Schreckensregime wieder einzurichten, das der Westen 20 Jahre lang bekämpft hat.

Die bei der Geberkonferenz zugesagten 1,2 Milliarden Dollar sollen, da sind sich alle einig, „humanitäre Zwecke“ erfüllen. Das ist prima. Nur – welche internationale Organisation kann die Verwendung dieser Mittel in einem von den Taliban beherrschten Land kontrollieren? Die UNO? Deren Mitarbeiter, die noch vor Ort sind, berichten von Übergriffen, Einschüchterungen und einer gefährlichen Lage. Afghanische Journalisten berichten aus ihren Verstecken heraus von Krankenhäusern, in denen die Taliban Listen mit von ihnen gesuchten Personen hinterlegen, mit der Anweisung, sie sofort zu kontaktieren, wenn eine dieser gesuchten Personen im Krankenhaus erscheinen sollte.

Niemand sollte sich von den freundlichen Tönen täuschen lassen, die gerade von den Taliban angeschlagen werden. Doch sollte der Westen diese (vielleicht letzte?) Gelegenheit nutzen, und im Gegenzug für humanitäre Hilfe (die von den Taliban ohnehin dort verteilt wird, wo sie das wollen) noch möglichst viele der Tausenden Menschen zu evakuieren, die seit Monaten auf Evakuierungslisten stehen, aber nicht ausgeflogen wurden.

Wenn Geld aus dem Westen der einzige Weg ist, Zehntausende Menschenleben zu retten, bevor die Taliban sich stark (und finanziert) genug fühlen, das alte Schreckensregime wieder vollumfänglich einzurichten, dann soll der Westen halt die zu rettenden Menschen freikaufen.

Der Umstand, dass Zehntausende frühere Mitarbeiter der westlichen Armeen, Mitarbeiter von NGOs und anderen Organisationen immer noch in Afghanistan in Lebensgefahr schweben, ist auf das völlige Versagen westlicher Geheimdienste und eine panischen Evakuierungsmission zurückzuführen, bei der enorm viel falsch lief. Der schlimmste Fehler war allerdings, diesen „Ortskräften“ monatelang zu sagen, dass man sie im Bedarfsfall herausholen würde, woraufhin diese nicht versuchten, auf eigene Faust das Land zu verlassen, als dies noch möglich war.

Die Taliban brauchen Geld. Wir haben Geld. Die Taliban halten faktisch Zehntausende Geiseln, die wir gerne herausholen würden. Der Deal ist einfach – wir können Menschenleben retten, indem wir zahlen. Und niemand sollte mit dem Argument kommen, dass wir damit die Taliban stärken – nachdem wir den Taliban eine komplett ausgerüstete Armee überlassen haben, kommt es darauf jetzt auch nicht mehr an…

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