1923 – 2023 – wiederholen wir die Fehler der Vergangenheit?

Zum Beginn des Jahres 2023 lohnt sich ein Blick auf die Geschichte. Denn vor genau 100 Jahren lief die Welt schon einmal völlig aus dem Ruder. Das zu wiederholen, ist ziemlich gefährlich.

Der Weg in Weltkriege führt über Inflation und Armut. Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1971-109-42 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Wohin die Weltkrisen 1923/24 geführt haben, das haben Wissenschaftler in den letzten 100 Jahren präzise analysiert. Und sie haben ebenfalls analysiert, unter welchen Bedingungen Systeme wie der Faschismus entstehen können, der am Ende rund 100 Millionen Menschenleben gekostet hat. Seit den beiden Weltkriegen fragen die jüngeren Generationen verständnislos nach, wie es so weit kommen konnte. Die Antwort ist ebenso einfach wie traurig: Weil sich die Menschen nicht gegen eine Entwicklung gestemmt haben, deren Ende sich bereits in den frühen 30er Jahren abzeichnete. Und auch heute stemmt sich kaum jemand gegen das, was gerade passiert. Stattdessen senken wir den Kopf und hoffen, dass der Sturm an uns vorüberzieht. Das wird er aber nicht.

Von den vielen Ereignissen des Jahres 1923 stechen zwei ganz besonders hervor: die Inflation und der Hitler-Ludendorff-Putsch in München. Denn in der Entwicklung jedes totalitären Systems dürfen mehrere Parameter nicht fehlen – wachsende Armut und eine schwere Wirtschaftskrise stehen ganz oben auf der Liste. Weitere dieser Parameter sind die Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung und in der Politik, eine kriegerische Auseinandersetzung, die Präsenz einer „Sündenbock-Gruppe“. In solchen Situationen entsteht irgendwann der Ruf nach dem „starken Mann“, dem Retter, der eine aus den Fugen geratene Gesellschaft wieder ordnet und kittet. Also genau die Situation, die wir heute haben.

Damit sich die Situation nicht wie 1914 und 1939 entwickelt (wobei diese Jahre den Höhepunkt der jeweiligen Entwicklungen darstellten), wäre es vielleicht eine gute Idee, würden sich unsere verantwortlichen Politiker und wir selbst nicht genauso verhalten wie damals. Dass uns jetzt nach dem durch nichts zu rechtfertigenden russischen Angriff so viele Politiker versuchen, in Kriegsstimmung zu reden und dabei sogar ehemalige Friedensaktivisten öffentlich die „Kriegsmüdigkeit“ kritisieren, das zeigt, dass wir in den Ländern Europas dringend den Geschichtsunterricht intensivieren und verbessern müssen. Denn die Chancen, dass sich die Situation 2023 bei gleichem Verhalten der Politiker anders entwickelt als 1914 und 1939, sind mehr als gering.

Doch müssen auch wir uns die Frage stellen, warum wir immer wieder denjenigen die Schlüssel der Macht in die Hand drücken, die bereits mehrfach bewiesen haben, dass sie damit nichts anzufangen wissen. Doch braucht die Welt heute nicht so dringend eitle Selbstdarsteller, sondern Persönlichkeiten wie Winston Churchill, Charles de Gaulle oder Konrad Adenauer. Doch aus dieser Kategorie ist heute niemand mehr unterwegs.

Egal bei welchen Wahlen, wir müssen aufhören für diejenigen zu stimmen, die uns den Weg in den Abgrund als „alternativlos“ verkaufen, dabei selbst aber ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Noch leben wir in Demokratien, in denen wir entscheiden können, wer unsere Länder regiert. Hier brauchen wir mehr Mut zur Neuerung, denn wenn man diejenigen wählt, von denen man weiß, dass sie weder willens noch in der Lage sind, diese Entwicklung zu stoppen, dann darf man sich eigentlich auch nicht wundern, dass diese immer wieder so viele Fehler machen.

Schlagen Sie heute ruhig einmal die Geschichtsbücher auf und lesen Sie nach, was 1923 in Deutschland und auf der Welt passiert ist. Dann merken Sie vielleicht, dass wir uns auf genau den gleichen Weg hinein in die Katastrophe gemacht haben. Ob noch Zeit bleibt, diese Entwicklungen zu stoppen?

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