Jetzt müssen nur noch alle „ja“ sagen…

Der Plan der Europäischen Kommission ist ehrgeizig. 750 Milliarden € sollen dahin gepumpt werden, wo sie gebraucht werden. Das wäre ein starkes Stück Europa. Aber ob die „Frugal Four“ das zulassen?

So, 27 Mal "Ja" und das Ding ist durch... Foto: © Ra Boe / Wikipedia / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa 3.0 de

(KL) – Das Ding heißt entweder „Wiederaufbauplan“, „Hilfsprogramm“ oder „EU-Coronafonds“ – gemeint ist immer das gleiche, nämlich das 750 Milliarden € schwere Paket, mit dem die EU-Kommission mit ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen der „größten Rezession seit dem II. Weltkrieg“ begegnen will. Dieses Paket, das Ursula von der Leyen vor dem Europäischen Parlament in Brüssel präsentiert, kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Europa steht nicht vor, sondern mitten in einer Zerreißprobe. Wenn sie das Paket durch das Nadelöhr der Einstimmigkeit der 27 EU-Mitgliedsstaaten drücken können, öffnet sich ein europäischer Königsweg. Sollte das Paket aufgrund eines Vetos aus einem der Mitgliedsländer nicht realisiert werden können, droht die EU auseinander zu brechen. Und alle Augen richten sich auf die „Frugal Four“, die „Sparsamen Vier“, nämlich Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden, die bereits den Macron-Merkel-Plan abgelehnt und einen grundsätzlich anderen Gegenvorschlag unterbreitet haben.

Der Macron-Merkel-Plan sah eine Kreditaufnahme von 500 Millionen Euro vor, die von der EU gemeinsam aufgenommen werden sollten, um dieses Geld als Zuschüsse direkt in die am schwersten vom Covid-19 betroffenen Regionen zu leiten. Als nicht rückzahlbare Zuschüsse, die dann im Laufe der Jahre über den laufenden EU-Haushalt abgestottert werden sollten. Dagegen wehrten sich die „Sparsamen Vier“, die jede Form der Vergemeinschaftung von Schulden ablehnen, wie bislang Deutschland eigentlich auch. Ihr Gegenvorschlag lautete, lediglich 250 Milliarden Euro aufzunehmen und diese nur als Kredite an die betroffenen Regionen auszuschütten. Der Plan der EU sieht nun eine Addition beider Konzepte vor – sowohl 500 Milliarden als Zuschüsse UND 250 Milliarden als Kredite. Aus eins mach zwei. Politisch ist das ein gefährliches Spiel.

Denn auch im neuen Paket befinden sich die 500 Milliarden an Zuschüssen, die von den „Sparsamen Vier“ rundweg abgelehnt worden waren. Warum sollten die vier Länder nun ihre grundlegende Sichtweise aufgeben und sich diesem Paket anschließen? Aus europäischer Solidarität? Das erscheint unwahrscheinlich. Und damit dürften die Optionen von Ursula von der Leyen dünn werden. Wenn sie es schafft, die „Sparsamen Vier“ zum Mitmachen zu bewegen, dann hätte die EU wirklich eine starke Frau an der Spitze, die Europa in den nächsten Jahren auf eine andere Ebene führen könnte.

Doch die „Sparsamen Vier“ werden im günstigsten Fall auf Sonderkonditionen beharren, doch wohin Sonderkonditionen in der EU führen, das haben uns gerade erst die Briten gezeigt. Sollte sich Ursula von der Leyen auf Verhandlungen, Kompromisse und Sonderkonditionen für die „Sparsamen Vier“ einlassen, dann kommen schwere Jahre auf die Kommission zu, denn dann wird künftig fast jeder Mitgliedsstaat Sonderkonditionen in den Bereichen einfordern, die ihm besonders wichtig sind.

Mit 750 Milliarden Euro kann man viel Sinnvolles anstellen, wenn man das Geld an den Banken und den Börsen vorbei direkt in die Regionen auszahlen kann. Wichtig wäre dann auch auf der Empfängerseite ein transparentes Management dieser Gelder, die nach den Vorstellungen von Ursula von der Leyen auch weitere Investitionen aus dem privaten Sektor in gleicher Höhe generieren könnten.

Vielleicht kann man ja die Regierungschefs der „Sparsamen Vier“ damit ködern, dass die Rückzahlung der 750 Milliarden Euro erst zwischen 2027 und 2058 stattfinden soll, nach einem nach der Wirtschaftskraft aufgestellten Schlüssel. In jedem Fall muss man nun Ursula von der Leyen die Daumen drücken – denn scheitert die erste europäische Solidaritäts-Aktion eines solchen Ausmaßes, dann könnte die EU tatsächlich implodieren.

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