3G oder 2G?

Das langsame Ausblenden nicht geimpfter, aber getesteter Mitbürger aus der Gesellschaft könnte ein strategischer Fehler sein. Denn in den 3 „G-Gruppen“ sind die Getesteten die sichersten Zeitgenossen.

Das chaotische Management der Pandemie führt auch zu solchen Phânomenen... Foto: PantheralLeo1359531 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Was wird in Deutschland gerade an Gedankenspielen veranstaltet, wie man nicht geimpfte Menschen disziplinieren oder sogar bestrafen kann! Da wird diskutiert, ob man nicht Lockdowns nur für Ungeimpfte organisiert, ob man ungeimpften Menschen das Zugfahren verbieten soll, ob man ungeimpften Menschen pauschal Restaurants, Kinos und anderes verbieten sollte. Dabei sind nicht geimpfte, aber aktuell getestete die risikoärmste Gruppe der „3G – geimpft, genesen, getestet“.

Jemand, der über einen aktuellen negativen Test verfügt, der trägt zu diesem Zeitpunkt kein Covid-Virus in sich und kann es folglich auch nicht an Dritte weitergeben. Wer dagegen doppelt geimpft ist, kann sich leider weiterhin das Virus einfangen und es auch weitergeben. Doch ist es die Gruppe der Geimpften, die gerade schrittweise alle Freiheiten zurückerlangt, sich allerdings nur in Ausnahmesituationen testen lässt. Warum auch? Seit Monaten sagt man uns, dass die Impfung „einen selbst und andere schützt“. Dementsprechend verhalten sich auch viele Geimpfte, die kaum noch sanitäre Regeln einhalten, da sie ja „geschützt“ sind. Nur – das stimmt eben nicht. Auch geimpft kann man das Virus übertragen und da die Impfung für asymptomatische oder nur leichte Krankheitsverläufe sorgt, testet diese Gruppe kaum und dürfte damit für wesentlich mehr Neuinfektionen sorgen, als jemand, der zwar nicht geimpft, aber aktuell getestet ist. Warum man nun die Tests kostenpflichtig macht, ist schwer nachzuvollziehen, denn genau mit dieser Maßnahme organisiert man die „Welle 5“ und folgende.

Das „2G“- und „3G“-Gerede hat lediglich ein Ziel – diejenigen, die sich (noch?) nicht impfen lassen wollen, so lange aus der Gesellschaft auszuschließen, bis sie sich dann eben doch impfen lassen. Ein Ansteckungsrisiko geht eindeutig eher von sich unvorsichtig verhaltenden Geimpften und Genesenen aus, da diese aufgrund der seltener durchgeführten Tests Virus- und Überträger sein können, ohne es zu merken. Da ist es auf einer Terrasse wohl sicherer, neben einem frisch getesteten Mitmenschen zu sitzen, als neben einem doppelt Geimpften, der unwissentlich das Virus in sich trägt, sich aber geschützt fühlt und dementsprechend unvorsichtig verhält.

Langsam sollte es jedem klar sein, dass die seit Beginn der Pandemie angestrebte „kollektive Immunität“ reines Wunschdenken ist und dass es kein Land schaffen wird, seine Bevölkerung zu 95 % zu impfen. Und selbst wenn dies gelingen sollte, darf man nicht vergessen, dass wir in einer globalisierten Welt leben, in der es schlicht unmöglich ist, 95 % aller Menschen zu impfen – folglich wird sich das Virus weiter bewegen, es wird weiter mutieren und die aktuellen Vakzine werden immer weniger gegen die neuen Formen des Virus ausrichten können.

Die „Bestrafung“ und „Ächtung“ von getesteten Personen ist Unsinn – zum einen spaltet sie völlig unnötig die Gesellschaft, zum anderen bringt sie nichts. Sollten nun Umstellungen von „3G“ auf „2G“ erfolgen (was in einigen Bundesländern) bereits der Fall ist, wird nur eines passieren: Geimpfte und Genesene werden sich das Virus und seine aktuellen Varianten gegenseitig verpassen. Die Pandemie wird man so allerdings nicht bekämpfen können.

Und es wäre durchaus denkbar, dass sich der eine oder andere Impfzweifler eher von ehrlichen Ansagen überzeugen lässt als durch inzwischen sinnentleerte Slogans wie „Schützen Sie sich und schützen Sie andere!“. Nach aktuellem Erkenntnisstand kann man sich durch eine Impfung weitgehend selbst schützen und dazu beitragen, die Auslastung der Krankenhäuser niedrig zu halten. Dies wäre bereits ein Grund, sich impfen zu lassen. Die Spaltung der Gesellschaft in „2G“ und „3G“ wird auf jeden Fall nicht dazu beitragen, diese Pandemie in den Griff zu bekommen.

2 Kommentare zu 3G oder 2G?

  1. Lieber Herr Littmann,
    Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie wohl der einzig übriggebliebene Journalist sind, der noch in der Lage ist eine nüchterne und zutreffende Analyse zum Thema Impfen/nicht Impfen zu machen. Was Sie seit einigen Wochen zu diesem Thema geschrieben ist nicht mehr und nicht weniger was man auf französisch «du bon sens » nennt. Hut ab, machen Sie weiter so!

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