Nicht Fisch, nicht Fleisch und schon gar nicht einig…

Die EU setzt das 2007 in Kraft getretene Abkommen zur Visumserleichterung für russische Staatsangehörige aus. Allerdings bedeutet das nicht, dass Russen nicht mehr in die EU kommen können.

Solche Visa für russische Staatsangehörige wird es auch weiterhin geben, nun mit etwas mehr Aufwand. Foto: Government of Finland / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die EU demonstriert Einigkeit, ohne wirklich einig zu sein. Während einige Länder des östlichen Europas gerne komplett russischen Staatsangehörigen die Einreise erweigern würden und einige das sogar schon tun, sähen es Frankreich und Deutschland lieber, keine Reisebeschränkungen für Russen einzuführen. Stattdessen wurde nun von der EU beschlossen, das 2007 in Kraft getretene Abkommen zur Visumserleichterung für russische Staatsangehörige „vollständig“ auszusetzen. Das bedeutet allerdings nicht, dass ab sofort keine Russen mehr nach Europa kommen können, sondern lediglich, dass dies mit mehr Aufwand, längeren Bearbeitungszeiten und höheren Kosten für den Visumsantrag verbunden ist.

So wird der in diesem Abkommen festgelegte Preis von 35 € für das Visum aufgehoben und dürfte deutlich höher ausfallen und die europäischen Politiker unterstreichen, dass durch diese relative Permabilität auch weiterhin Künstler, Intellektuelle, Studenten und Regimegegner nach Europa kommen können.

Der Versuch, ausnahmsweise mal ein Problem europäisch zu lösen, ist aller Ehren wert, zeigt aber leider auch, dass dann am Ende zumeist ein verwässerter Kompromiss herauskommt, der oft das Ziel verfehlt und hauptsächlich der politischen Kommunikation der Entscheidungsträger, aber nur in den seltensten Fällen der Sache selbst dient.

Dass der Kreml dieses Vorgehen als „lächerlich“ bezeichnet, ist leider nicht ganz falsch. Wie die angekündigten „Gegenmaßnahmen“ Russlands aussehen werden, bleibt abzuwarten.

Den Russen dürfte es weitgehend egal sein. Diejenigen, die gerne im Westen Urlaub machen würden und auch über die erforderlichen Mittel verfügen, fahren ohnehin lieber in die Türkei und die superreichen Russen vermeiden momentan ohnehin lieber Reisen in den Westen, da sie damit rechnen müssen, dass ihre Fortbewegungsmittel und anderen Reichtümer beschlagnahmt werden.

Die an den Tag gelegte europäische Einheit in dieser Frage ist leider auch nur ein Potemkinsches Dorf. So wie bei den Gaslieferungen oder auch der Frage der Gas-Einsparungsziele – jedes europäische Land versucht, zunächst seine eigene Schäfchen ins Trockene zu bringen und erst, wenn das nicht funktioniert, versucht man, die europäische Karte zu spielen.

Aber was fängt man nun mit einer Situation an, in der bessergestelllte Russen immer noch einreisen können? Was fängt man in einer Situation an, in der die EU in den wichtigen Fragen genauso uneinig ist, wie bei den weniger wichtigen Fragen? Bis zum Winter werden wir weder ein politisches, noch ein Europa der Energie, noch ein Europa der Verteidigung haben. Und bis es wirklich zu Entscheidungen kommt, machen die Russen weiter Urlaub in der Türkei und anderswo und schauen sich die „Spezial-Operation“, die von der Mehrheit der Russen unterstützt wird, im Fernseher an.

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