4,8 auf der Richterskala

Die Erde am Oberrhein hat mal wieder gebebt. Allerdings stärker als sonst. Eine kurze Erinnerung daran, dass wir am Oberrhein auf tektonisch aktiven Platten leben...

Dass es am Samstag in der Regio nicht so aussah wie 1356 in Basel, ist ein Glücksfall... Foto: Karl Jauslin / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Am Samstag, um 17:59 Uhr, bebte die Erde am Oberrhein, südlich von Mulhouse, beim Örtchen Kembs, am Tor zum Sundgau. Mit einer Stärke von 4,8 war dieses Beben fast 150 Kilometer nördlich zu spüren und in den nächsten Tagen rechnen die Experten mit Nachbeben, die allerdings schwächer ausfallen sollen. Ein kleiner Hinweis der Natur, dass Anlagen wie das inzwischen abgeschaltete Atomkraftwerk Fessenheim in dieser Region ein Vabanque-Spiel waren und sind. Und dass auch die Pläne der Schweizer Nachbarn, direkt an der Grenze ein Atommüll-Endlager einzurichten, vielleicht so schlau nicht sind.

Auch, wenn das Beben am Samstag fast im ganzen Elsass deutlich zu spüren war, sind kaum Schäden gemeldet worden. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute Nachricht ist, dass das Thema Atomkraft am Oberrhein immer noch nicht durch ist. Zum einen wünschen sich angesichts der heranziehenden Energiekrise etliche Politiker im Elsass, dass für das stillgelegte Fessenheim eine neue Atomanlage im Elsass gebaut oder Fessenheim wieder hochgefahren wird. Und die Schweizer haben vor, ihre zum Teil uralten Atomanlagen wie das AKW Leibstad so lange weiterlaufen zu lassen, bis diese schlappmachen. Dazu soll bereits 2024 entschieden werden, ein Endlager nur einen Steinwurf von der deutschen Grenze einzurichten, um dort den Atommüll aus der Schweiz in der Erde zu versenken. Schwer verstrahlte Elemente sollen für bis zu 200.000 Jahre gelagert werden, weniger schwer verstrahlte Teile für „nur“ 30.000 Jahre. Das sind Zeitspannen, die sich niemand richtig vorstellen kann.

Endlager in einer erdbebengefährdeten Zone einzurichten, ist so, als wenn man daheim den Staub unter den Teppich kehrt. Doch nur, weil man die radioaktiven Abfälle nicht mehr sieht, bedeutet das noch lange nicht, dass sie nicht mehr da sind. Sondern sie werden unterirdisch in einer Region gelagert werden, in der sich die tektonischen Platten weiter bewegen, irgendwann die unterirdischen Lager zermalmen und die Radioaktivität freisetzen. Das ist zwar nicht unser Problem, weil es erst in ein paar Tausend Jahren stattfinden wird (vermutlich), doch zeigt dieser Umgang mit Natur und Technologie, dass der Mensch nicht etwa die „Krone der Schöpfung“, sondern eine „Montagsproduktion“ ist, deren Verweildauer auf diesem Planeten nicht an die von Quallen und Krokodilen heranreichen wird.

Wir haben viel Glück gehabt, dass dieses Erdbeben sein Epizentrum in einer dünn besiedelten Region hatte und nicht ein paar Kilometer weiter und ein wenig stärker. Das Umdenken, das dringend erforderlich wäre, um diesen Planeten zu retten, findet nicht statt. Stattdessen tanzen wir um das Goldene Kalb des „Shareholder Value“, wir opfern diesen Planeten den kurzsichtigen Interessen einer Handvoll Superreicher und schauen ansonsten zu, wie diese Menschen unser aller Heimatplaneten zugrunde richten. Das Erdbeben vom Samstag ruft dies alles noch einmal nachdrücklich in Erinnerung. Lernen werden wir aber trotzdem nichts daraus.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste