„Viel zu früh für Verhandlungen“… – wirklich?
Der Westen hat zwar auch nach drei Jahren noch keine eigene Strategie für den Ukraine-Krieg, doch in einem sind sich (fast) alle einig – es sei „zu früh“ für Verhandlungen.

(KL) – NATO-Chef Mark Rutte, EU-Außenministerin Kaja Kallas und viele andere sind sich einig – für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland sei es „zu früh“. Erst müsse die Ukraine in eine „Position der Stärke“ kommen, erst dann könne verhandelt werden, damit die Ukraine einen „gerechten“ Frieden bekommt. Wenn sich die hohen Damen und Herren da mal nicht täuschen, denn es ist nicht zu früh für Verhandlungen, sondern eigentlich schon viel zu spät. Es sei denn, die Hunderttausenden Opfer dieses Kriegs und eine zerbombte Ukraine reichen noch nicht.
Diese Aussagen, dass es für Verhandlungen „zu früh“ sei, sind haarsträubend. Ein Blick auf die Entwicklung an der Front zeigt, dass die Ukraine Lichtjahre von einer „starken Position“ entfernt ist, nach wie vor rücken russische Truppen vor, langsam, aber unaufhaltsam, und täglich sterben Menschen in diesem Krieg, den Russland vor fast drei Jahren völkerrechtswidrig losgetreten hat.
Seit fast drei Jahren trifft der Westen halbherzige und weitestgehend unwirksame „Sanktionen“ gegen Russland, die dann sofort wieder umgangen und unterlaufen werden, weil man ja gerne weiterhin gute Geschäfte mit Russland macht; seit fast drei Jahren pumpt der Westen pharaonische Summen in diesen Krieg und die Ukraine, mit dem Ergebnis, dass die Ukraine nicht etwa in eine „Position der Stärke“, sondern an die Grenze ihrer Verteidigungsfähigkeit kommt und somit wird das ganze Gerede, dass es für Verhandlungen „zu früh“ sei, hinfällig.
Sogar Selenskyi hat inzwischen eingeräumt, dass die ukrainische Armee zu schwach sei, um die von Russland annektierten Regionen zurückzuerobern – die erste realistische Einschätzung der Lage. Doch Selenskyi zieht daraus nur die Konsequenz, mehr Geld und Waffen zu fordern, obwohl sein ursprünglich ausgegebenes Ziel („der Krieg ist vorbei, wenn der letzte russische Soldat ukrainisches Territorium verlassen hat“) längst nicht mehr erreichbar ist. Aber wie wollen dann Selenskyi und seine europäischen Unterstützer in eine „Position der Stärke“ kommen? Nur mit markigen Sprüchen wird das nicht gelingen – und auch die Aussage, dass die Ukraine „nur noch 12 Patriot-Systeme brauche, damit Russland kein Interesse an der Fortsetzung des Krieges mehr hat“, ist wie so häufig reines Wunschdenken. Denn diese „Taktik“ setzt voraus, dass Putin künftig still hält und einfach nur zuschaut, wie sich die Ukraine verhält, ohne selbst aktiv zu werden. Die Realitäten an der Front sprechen allerdings eine ganz andere Sprache.
Es ist nicht etwa „zu früh“ für Verhandlungen, sondern schon viel zu spät. Der Westen finanziert weiterhin den russischen Angriffskrieg, finanziert weiterhin die ukrainische Verteidigung und glaubt inzwischen selbst fest an die eigene Propaganda.
Wie weit die Ukraine und der Westen tatsächlich nach drei Jahren Krieg gekommen sind, das sieht man an der militärischen Entwicklung dieses Kriegs – dabei geht es nicht darum, wie AfD-Lautsprecher Chrupalla rät, dass die Ukraine den „russischen Sieg“ anerkennt, sondern dass man so schnell wie möglich verhandelt und das Töten und Sterben beendet. Wenn man in einer solchen Situation davon spricht, dass es „zu früh“ für Verhandlungen sei, dann zeigt das nur, wie planlos das politische Personal im Westen ist. Nach drei Jahren könnte man langsam anfangen zu begreifen, dass es nicht ausreichen wird, einfach nur Selenskyi hinterher zu taumeln, in der Hoffnung, dass dann schon alles gut wird. So lange dieser Krieg weiterläuft und weiter eskaliert, wird gar nichts gut.
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