70 Jahre Europäische Menschenrechtskonvention – ein Grund zum Feiern?

70 Jahre Einhaltung und Förderung der Menschenrechte in Europa. Eigentlich ein Grund zum Feiern – oder vielleicht doch nicht?

Der Hort der europäischen Menschenrechte... Foto: Filip Maljković from Pancevo, Serbia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(Von Karl-Friedrich Bopp) – Am 4. November 1950 wurde in Rom die europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet. Damals zunächst einmal von 12 europäischen Staaten, die Bundesrepublik Deutschland bereits eingeschlossen. Heute haben alle 47 Mitgliedstaaten des Europarates die Konvention unterzeichnet.

Innerhalb der Mitgliedstaaten des Europarates garantiert die Menschenrechtskonvention all ihren mehr als 830 Millionen Bürgerinnen und Bürgern die Einhaltung von den wichtigsten Freiheits- und Grundrechten. So zum Beispiel das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit als auch die Gewissens- und Religionsfreiheit sowie das Recht auf Meinungsäußerung. Strikt verboten werden Folter, Zwangsarbeit und Diskriminierung.

Ein Blick zurück. – Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren Europa und die Welt nur von einem Willen geprägt – NIE WIEDER. Dieser Wille schlug sich bereits 1948 in der UN-Erklärung der Menschenrechte nieder. Es folgte 1949 die Gründung des Europarates mit Sitz in Straßburg und dem Ziel, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte einzuhalten und zu fördern. Das Glanzstück dieser Organisation ist und bleibt die Ausarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Ein völkerrechtlich bindender Vertrag, dessen Einhaltung von einem unabhängigen Gerichtshof überwacht wird.

Inzwischen haben die Mitgliedstaaten über 20 000 Urteile des Gerichtshofes umgesetzt. Urteile, die das Leben von Menschen in ganz Europa positiv beeinflusst haben. Über die Jahre hat sich durch gerichtliche Interpretation auch die Konvention weiterentwickelt. Gefahren für die Menschenrechte, die vom technischen Fortschritt oder der Bedrohung der Umwelt ausgehen, wurden in Urteilen anerkannt.

Trotz all dieser Errungenschaften muss man die Ohren weit aufmachen, wenn man den Jubelschrei der europäischen Regierungen zu diesem wichtigen Jahrestag hören will. Warum eigentlich?

Der wesentliche Grund für weitgehend leere Sektgläser ist die augenblickliche Covid-19 Virusgefahr beziehungsweise wie diese Gefahr von manchen Mitgliedstaaten benutzt wird, um individuelle Freiheiten im Übermaß einzuschränken.

So sah sich der Europarat bereits gezwungen, einen ernsten Brief an Viktor Orban zu schicken, den Ministerpräsidenten von Ungarn. In diesem Brief wird die tiefe Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die Maßnahmen seiner Regierung, die eigentlich zum Gesundheitsschutz der Menschen getroffen wurden, zu weit greifen und die Einhaltung der Prinzipien der Demokratie als solche in Gefahr bringen.

Ein wirklicher Anlass zum Feiern wäre die Harmonisierung des Schutzes der Menschenrechte im gesamten europäischen Rechtsraum. Sie würde durch den Beitritt zur Konvention durch die Europäische Union als eigenständige Organisation gewährleistet. Außer Absichtserklärungen ist allerdings in den letzten Jahrzehnten wenig geschehen.

Vor diesem Hintergrund ist es dann in der Tat verständlich, wenn der Europarat und seine 47 Mitgliedstaaten diesen 70. Jahrestag eher verhalten begehen.

1 Kommentar zu 70 Jahre Europäische Menschenrechtskonvention – ein Grund zum Feiern?

  1. Sehr gut!

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