75 % der Migranten, die auf der Flucht sterben, sterben in Europa

Vor dem Europäischen Parlament in Straßburg demonstrierten engagierte Bürgerinnen und Bürger für eine andere europäische Flüchtlingspolitik. Leider ohne große Resonanz.

Engagierte Bürgerinnen und Bürger suchen den Dialog mit den Verantwortlichen der EU - nur legen diese keinen großen Wert auf einen solchen Dialog. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Zu der Demonstration vor dem Europaparlament am Dienstagabend hatten ungefähr 20 Organisationen aufgerufen, die sich alle hinter die gleiche Forderung stellten – eine Richtungsänderung in der europäischen Flüchtlingspolitik. Schade – bis auf den französischen Abgeordneten José Bové hörte ihnen niemand zu. Vor allem nicht diejenigen, die eine bislang nur als zynisch zu bezeichnende europäische Politik zu dem Thema zu verantworten haben.

Nur knapp 100 Demonstranten hatten sich vor dem Parlamentsgebäude eingefunden, um deutlich zu machen, dass die sich permanent wiederholenden Dramen im Mittelmeer nicht gottgegeben, sondern das Ergebnis einer falschen Politik der EU sind. Und dass es nicht ausreicht, den kriminellen Schlepperbanden eine militärische Verfolgung anzudrohen, während gleichzeitig die Grundlagen, auf denen diese Schlepper ihr mörderisches Geschäft betreiben, unangetastet bleiben.

So war die Hauptforderung der Demonstranten die Einrichtung eines legalen Wegs für Asylbewerber in die EU – bereits diese Maßnahme könnte Schleppern das Geschäft vermasseln und gleichzeitig dafür sorgen, dass Hilfe suchende Menschen nicht auf seeuntüchtigen Nussschalen in den Tod fahren müssen.

Doch wieder einmal zeigt sich, dass die große Mehrheit der EU-Abgeordneten für die Anliegen der Europäerinnen und Europäer taub sind. Diejenigen Abgeordneten, die sich solchen Debatten stellen, sind Politiker, die zivilgesellschaftlichen Organisationen ohnehin nahe stehen, wie eben José Bové. Die anderen, diejenigen, die brav die Hand heben, wenn es um Abstimmungen wie diejenige geht, bei der das Programm Mare Nostrum abgeschafft wurde, sprechen nicht mit den Bürgern. Dafür aber mit den Lobbyvertretern aller Couleur. Und genau daran krankt Europa.

Die völlig richtige Forderung, eine Art sicheren Korridor nach Europa für Flüchtlinge aus Afrika einzurichten, ist der einzig humanitär sinnvolle Weg, das Massensterben im Mittelmeer zu stoppen. Natürlich erhöht dies die Anforderungen an die Aufnahmebereitschaft der Europäer, doch wozu soll Europa gut sein, wenn es an solchen humanitären Aufgaben scheitert?

Die europäische Politik kann nur dann ihre Daseinsberechtigung glaubhaft aufrecht erhalten, wenn sie schleunigst lernt, die Stimmen der Zivilgesellschaft zu hören und sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen. Andernfalls könnte die EU auch dichtmachen.

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