8. Mai 1945 – der Krieg ist vorbei!

Der 8. Mai 1945 war ein unglaublicher Freudentag. Nazi-Deutschland kapitulierte und der Krieg, der 100 Millionen Menschenleben gekostet hatte, war vorbei. Seitdem haben wir alles vergessen.

8. Mai 1945 - Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichnet die Kapitulation. Doch das war noch nicht der letzte Weltkrieg. Foto: Bundesarchiv, Bild_183-J0422-0600-002 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Was für ein seltsamer Feiertag, den die Welt heute begeht. Wir feiern das Ende des II. Weltkriegs, das Ende von Nazi-Deutschland, die Befreiung vom Faschismus. 100 Millionen Menschenleben hatte dieser Krieg gefordert, die halbe Welt lag in Schutt und Asche und die Welt atmete auf. „Nie wieder Krieg!“, so lautete die weltweite Erkenntnis, doch diese Erkenntnis hielt nicht an. Heute, im zweiten Kriegsjahr in der Ukraine, haben die Kriegstreiber wieder die Oberhand und die Welt jubelt sich in den III. Weltkrieg hinein. Wie soll man dann heute das Ende des II. Weltkriegs und „Nie wieder Krieg!“ feiern, wenn man schon mit beiden Beinen im nächsten Weltkrieg steht?

Wer heute die Begriffe „Frieden“ und „Verhandlungen“ in den Mund nimmt, wird bereits als „Putin-Freund“ und „5. Kolonne der Russen“ beschimpft, und wie bei den letzten Weltkriegen werden wir täglich mit den Propaganda-Lügen beider Seiten bombardiert. Erstaunlich, dass es nach all den Erfahrungen mit Kriegen immer noch Menschen gibt, die der Ansicht sind, dass man Konflikte mit Waffengewalt lösen könnte. Müssen wir nun weitere vier Jahre Krieg erleben, bis wir erneut zur Erkenntnis kommen, dass Kriege nur mörderisch und zerstörerisch sind und lediglich einer Handvoll Politiker und Industrieller nützen, die sich an Kriegen eine goldene Nase verdienen? Das wussten wir doch bereits…

Man darf gespannt sein, mit was für Parolen der 8. Mai 2023 begangen werden wird. „Nie wieder Krieg!“ kann ja wohl niemand ernsthaft sagen, der alles daran setzt, dass dieser Krieg noch mörderischer wird, noch länger dauert und sich nach und nach weiter ausbreitet, wie es jeder Weltkrieg tut. Oder ersetzten wir dieses Jahr das beliebte, aber leider vergilbte „Nie wieder Krieg!“ durch Parolen wie „Kompromisslos bis zum Endsieg!“ oder „Jeder Schuss ein Russ’!“, wie wir es schon einmal hatten?

In nur einem Jahr des Kriegs in der Ukraine, für dessen Beginn niemand anderes als Wladimir Putin verantwortlich ist, sind alle Möglichkeiten zu Verhandlungen von beiden Seiten ausgeschlagen worden. Dass sich in dieser Zeit die Machtzentren der Welt nach Osten verlagert haben, wollen wir nicht wahrhaben. Nach wie vor betrachtet der Westen das Weltgeschehen durch die Brille des westlichen Wunschdenkens, nach wie vor läuft Europa dem „großen Bruder USA“ hinterher und gibt sich weiter der Illusion hin, die Amerikaner wären die „Freunde“ Europas. Dabei sollte man sich vor Augen halten, dass die USA, um ihre Rolle als „Supermacht“ zu behalten, keine Sekunde zögern, Europa für ihre eigenen Interessen zu opfern.

Die Eskalation des Kriegs in der Ukraine geht immer weiter, die Kriegsverbrechen werden immer zahlreicher und die Welt ist gespalten. Allerdings nicht so, wie wir uns das selbst einreden, da wir gerne denken, dass die ganze Welt so ticken muss wie wir. Aber die Welt organisiert sich heute um die BRICS-Staaten herum, denen die amerikanischen und europäischen Sichtweisen und Wunschvorstellungen egal sind.

Ja, am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutschland bedingungslos. Zurück blieb eine zerstörte Welt, deren Wiederaufbau bis heute nicht vollständig abgeschlossen ist. Dabei ist es übrigens skandalös, dass man in Deutschland diesen 8. Mai nie als Tag der Befreiung vom Faschismus begriffen hat, sondern dieses Datum immer noch als „Tag der Niederlage“ betrachtet und diesen Tag, anders als der größte Teil der Welt, nicht als Feiertag begeht.

Heute dürfte es nur eine einzige Forderung geben – vollständige Isolierung der Kriegstreiber, Verhandlungen und das sofortige Einstellen der Tötungshandlungen. Was dann ziemlich genau dem italienischen Friedensplan entspricht, der vor einem halben Jahr der UNO vorgestellt und sofort von der Ukraine und Russland abgelehnt wurde. Denn, auch das ist traurig, beide Länder weigern sich zu verhandeln.

Mit Bachmut, wo die letzten Einwohner mit Phosphor-Bomben das gleiche erleiden wie die Dresdner Bürger bei der Feuerschlacht um ihre Stadt, haben wir das Beispiel, wie dieser Krieg weitergehen wird. Monatelange Schlachten und Stellungskrieg um Orte, deren Namen vor einem Jahr noch niemand gehört hatte, kaum zählbare Opfer, brutale Kriegsverbrechen. Das wird so lange weitergehen, bis dieser Krieg in die nukleare Eskalationsstufe eintritt. Die Frage lautet nicht mehr, OB diese Eskalationsstufe erreicht wird, sondern WANN. In einer solchen Eskalation mit dem Slogan „Nie wieder Krieg!“ anzutreten, ist entweder zynisch oder wirklichkeitsfremd. Die Welt hat vergessen, was ein Weltkrieg wirklich ist und deshalb befinden sich die heutigen Feierlichkeiten schon am Rand zum Zynismus. Denn „Nie wieder Krieg!“ ist ein Statement für den Frieden, doch „Frieden“ ist im zweiten Kriegsjahr schon längst zum Schimpfwort geworden. Und die Welt taumelt wieder in die nächste Katastrophe.

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