99 Luftballons…
Die Nerven liegen überall blank. Nach dem Abschuss eines chinesischen Überwachungs-Ballons bezichtigen sich die USA und China gegenseitig. Wie im Kindergarten.
(KL) – Ob Nena wohl an eine solche Situation gedacht hatte, als sie 1983 ihren Welthit „99 Luftballons“ aufnahm? Der Fall ist ziemlich klar – China hatte, nicht zum ersten Mal, einen Überwachungs-Ballon über die USA geschickt, „rein zufällig“ über sensiblen Waffenarsenalen der Amerikaner. Diesen haben die Amerikaner allerdings vom Himmel geholt und über dem Atlantik abgeschossen. Nun wartet man darauf, dass die Geräte, die an diesem Ballon baumelten, ausgewertet werden können. Und China ist sauer.
Man merkt deutlich, dass wir uns am Vorabend eines globalen Konflikts befinden. Russland, China, die USA und all die anderen setzen alles daran, die Lage täglich weiter eskalieren zu lassen. Das Entsenden solcher Überwachungs-Ballons ist sicherlich kein freundlicher Akt, auf der anderen Seite darf man sich nicht täuschen – ebenso, wie die Chinesen (und andere) unsere Strukturen überwachen, tun wir das umgekehrt auch. Jeder überwacht jeden und jeder glaubt, sich dadurch entscheidende strategische Vorteile zu verschaffen.
Dass die Chinesen so scharf auf den Abschuss ihres Ballons reagieren, das zeigt, dass dieser Ballon für sie wichtiger war, als sie das zugeben. Nach wie vor behauptet Peking, es habe sich um einen „zivilen Ballon“ gehandelt, der sich durch „höhere Gewalt“ über amerikanischem Territorium verirrt habe. Folglich bestellte man auch den amerikanischen Botschafter ein, um heftig gegen den Abschuss dieses Ballons zu protestieren, der in den Augen der Chinesen eine „Überreaktion“ war. Man stelle sich vor, die Chinesen hätten einen amerikanischen Überwachungs-Ballon über militärischen Einrichtungen in China entdeckt. Ob sie dann wohl so cool reagiert hätten, wie sie es nun von den Amerikanern fordern?
Dieser Zwischenfall ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem globalen Konflikt, der am Ende Russland, China und die USA gegeneinander kämpfen sieht, und das auf allen Ebenen. Militärisch, wirtschaftlich und politisch. Dabei geht es um nicht weniger als die Dominanz des Planeten für die nächsten Jahrzehnte. Andere Weltregionen, wie beispielsweise Europa, werden in diesem Armdrücken der Mächtigen nicht viel mehr als Zuschauer (und Zahlmeister) sein.
Blöd ist es für die beteiligten Supermächte immer dann, wenn sie mit der Hand in der Keksdose erwischt werden, wie nun die Chinesen mit ihrem Ballon. Warum eigentlich ein Ballon? Diese etwas anachronistische Überwachungs-Methode bietet durchaus Vorteile, da solche Ballons nur schwer von Radar-Anlagen zu entdecken sind und deshalb zumeist unentdeckt bleiben. Zwar wirkt der Einsatz solcher Ballons ein wenig wie aus einer anderen Zeit, aber immerhin scheinen diese Ballons genug interessante Informationen einzusammeln, dass sich ihr Einsatz immer noch lohnt.
Das alles ist nicht viel mehr als Vorgeplänkel zu den nächsten Eskalations-Stufen. Die Welt schaut auf Taiwan und hört die chinesischen Drohungen und Statements zu dem Thema und sollte China Taiwan militärisch angreifen, stürzt die Welt in einen Mehrfronten-Krieg, bei dem am Ende niemand irgendetwas gewinnen kann.
Dass die Amerikaner diesen Ballon abgeschossen haben, ist ihr gutes Recht und die Chinesen machen sich lächerlich, daraus jetzt einen solchen Skandal zu machen. Diejenigen, die mal wieder erwischt wurden, sind die Chinesen selbst und der Versuch, seine eigenen Spionage-Tätigkeiten als das Sammeln ziviler Daten zu bezeichnen, ist ein schlechter Witz. Doch die Reaktionen zeigen, wie dünn das weltpolitische Eis ist, auf dem wir gerade alle unterwegs sind. Schon kleinste Ereignisse bergen heute das Potential, das ganze Pulverfass zur Explosion bringen zu können. Erstaunlich, dass niemand auf dem Weg in den III. Weltkrieg die Notbremse zieht.
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