Ab sofort – Impfungen für alle Erwachsenen

Seit heute können sich sowohl in Frankreich als in Deutschland alle Erwachsenen gegen Covid-19 impfen lassen. Allerdings funktioniert das nicht genau gleich und man sollte das Kleingedruckte lesen…

Théoretisch können sich ab heute alle Erwachsenen in Deutschland und Frankreich impfen lassen. Theoretisch. Foto: Partynia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der heutige 31 Mai ist also der Tag, ab dem sich (theoretisch) alle Erwachsenen in Frankreich und in Deutschland impfen lassen können. Für die laufenden Impfkampagnen ist das eigentlich ein wichtiges Datum, allerdings lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen. Denn ganz so einfach, wie es klingt, ist es dann doch nicht.

Auf deutscher Seite gilt die heutige Aufhebung der Priorisierung nur für den Impfstoff AstraZeneca, von dem Meldungen zufolge „mehrere Hunderttausend“ Dosen auf die Verimpfung warten. Kein Wunder, nach einer intensiven Medienkampagne, die aus AstraZeneca das gemacht hat, was bei Weinkennern die „Liebfrauenmilch“ ist. Für die anderen Vakzine, die bessere Presse haben, soll die Priorisierung am 7. Juni fallen, also in einer Woche.

In Frankreich gibt es diese temporäre Begrenzung auf nur ein Vakzin nicht – ab heute können sich alle Erwachsenen um einen Impftermin kümmern. Doch hier liegt auch das französische Problem – viele Menschen berichten von ewig langen Wartezeiten, von blockierten Servern, von nicht verfügbaren Terminen. Ähnlich wie in Deutschland wird der weitere Verlauf der Impfkampagne also vor allem davon abhängen, ob ausreichend Dosen verfügbar sind oder nicht.

Und wo stehen die Impfkampagnen momentan? Stand Wochenende haben in Frankreich bislang rund 25 Millionen Menschen eine erste Dosis erhalten, und 10,5 Millionen Personen ihre beiden Dosen. Damit liegt Frankreich etwas hinter Deutschland, was die Erstimpfungen anbelangt (35,5 Millionen in Deutschland – 42,6 % der Bevölkerung), dafür liegt Frankreich prozentual vor Deutschland, was „durchgeimpfte“ Personen betrifft. Bereits mehr als 20 % der französischen Erwachsenen haben ihre zwei Dosen erhalten, in Deutschland sind es 17,1 %.

Man kann also sagen, dass die Impfkampagnen in beiden Ländern auf Hochtouren laufen. Nur – sowohl Deutschland als auch Frankreich sind noch meilenweit von so etwas wie einer kollektiven Immunität entfernt und die letzten Kilometer dieses Impf-Marathons werden die schwersten werden. Denn diejenigen, die sich jetzt bereits haben impfen lassen, sind diejenigen, die aus verschiedenen Gründen bereit oder sogar erpicht darauf waren, sich impfen zu lassen. Am Ende wird sich das Tempo allerdings deutlich verlangsamen, denn dann kommen auch diejenigen Bevölkerungsschichten, die sich nicht impfen lassen wollen.

Man muss also damit rechnen, dass sobald alle Impfwilligen tatsächlich geimpft sind, noch keine kollektive Immunität erreicht ist, es danach aber nur „tröpfchenweise“ weitergehen wird. Dass es Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen wollen, warum auch immer, muss man akzeptieren. Zwar hört man nun die gleichen Politiker erstmals von „Impfflicht“ reden, die noch vor wenigen Wochen erklärt haben, dass es eine solche „nie“ geben werde. Und eine Impfflicht darf es tatsächlich nicht geben, denn das Selbstbestimmungsrecht der Menschen über ihren eigenen Körper ist nicht verhandelbar.

Die Politik ist nun gefordert, einerseits Mittel und Wege zu finden, dass „Impfmuffel“ nicht zu den Parias der modernen Gesellschaft werden, und andererseits so gut kommunizieren, dass sie es schafft, diese Menschen vom Sinn der Impfung zu überzeugen. Ob das klappt? Wenn man bedenkt, dass es alleine rund 10 % „Querdenker“ in Deutschland gibt, die meinen, dass man ein solches Virus durch ein am Bändel um den Hals getragenes Alukügelchen aufhalten kann, ist die Frage der kollektiven Immunität, die voraussetzt, dass rund 90 % der Bevölkerung geimpft sind, auf der Kippe. Insofern werden die kommenden Monate noch sehr spannend werden, vor allem, falls wie in Asien nach erfolgten Lockerungen neue Varianten auftreten und „Wellen“ starten. So oder so, diese Pandemie wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen.

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