Abhörskandal in Frankreich – jetzt wachen sie langsam auf…

Libération und Mediapart haben die Franzosen wachgerüttelt – die NSA hörte die letzten drei französischen Präsidenten ab. Und hörte dabei durchaus Interessantes. Hollande ist sauer.

Tja, jetzt, wo klar wird, dass die USA alles und jeden abhören, sollte man seine Zunge wirklich besser hüten. Dazu raten ja sogar die Amerikaner. Foto: DOE / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Schon seltsam, dass Frankreich erst jetzt reagiert. Dank Wikileaks, der Zeitung Libération und der Online-Zeitung Mediapart haben die Franzosen erfahren, dass die amerikanische NSA die französischen Präsidenten schon länger aushorcht. Und plötzlich ist der NSA-Skandal, vor dem Frankreich seit Monaten die Augen verschließt, auch in Paris ein Thema. Präsident Hollande hat eine Sondersitzung des nationalen Verteidigungsrats einberufen, um „die Natur der in der Presse veröffentlichten Informationen zu bewerten“ und entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen.

Jetzt, da Details der Abhörmaßnahmen der USA gegen Frankreich bekannt werden, kommt die Reaktion. Seltsamerweise erst jetzt, nachdem seit Wochen bekannt ist, dass der französische Präsidentenpalast schon länger vom deutschen BND im Auftrag der amerikanischen NSA abgehört wurde. Doch die Details, die nun ans Tageslicht kommen, ärgern die Franzosen so, dass sie sich dann doch bewusst werden, dass man vielleicht reagieren sollte. Denn interessante Informationen zu den Spionageaktivitäten kommen ans Tageslicht – zum Beispiel, dass Deutschland und Frankreich offenbar bereits seit 2012 ernsthaft am Szenario eines „Grexit“ basteln, was ein neues Licht auf die Bemühungen wirft, Griechenland im Euro zu halten. Und so tief will sich dann doch keiner in die Karten blicken lassen.

Gewusst hat es irgendwie jeder, wahr haben wollte es niemand. Die USA benehmen sich in Europa wie ein feindlicher Staat, der alles ausspioniert, was er ausspionieren kann. Politik, Wirtschaft und mit Sicherheit auch die Zivilgesellschaft. Was dann langsam, aber sicher auch dazu führt, dass das Verhältnis zu den „guten Freunden“ in den USA nun doch einmal überprüft werden muss. Denn wer solche „Freunde“ hat, der braucht keine Feinde mehr.

Chirac, Sarkozy, Hollande–- alle wurden abgehört. Alle Elemente der europäischen Politik wurden von den USA live verfolgt und angesichts dieser und der letzten Enthüllungen muss sich nun langsam bei den Opfern dieser Abhörangriffe der Gedanke durchsetzen, dass es unmöglich ist, ein Freihandelsabkommen wie das TTIP mit einem Land abzuschließen, das ein so offen feindseliges Verhalten gegenüber Europa an den Tag legt. Das TTIP sieht weitgehende Eingriffe der USA nicht nur in Wirtschaftsfragen, sondern sogar in der Gesetzgebung Europas vor und für so eine enge Zusammenarbeit bräuchte man vor allem eines – Vertrauen. Doch wie soll man einem Land vertrauen, das seine Partner derart ausspioniert?

Inzwischen haben sich die USA geweigert, zu den Enthüllungen Stellung zu nehmen. Ein Sprecher der NSA beteuerte zwar, dass man sich nicht für die Kommunikationen von Präsident Hollande interessiere, doch das glaubt den Amerikanern ohnehin niemand mehr. Und – die NSA hat die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente nicht dementiert, was einem Geständnis gleichkommt.

Die Welt hat sich geändert und die Gleichgewichte verschieben sich ebenso, wie sich die Interessen der Länder und Kontinente verändern. Die USA sind nicht mehr „per Definition“ unsere „Freunde“, sondern bestenfalls ein Partner, den man im Auge behalten muss. Und dem man vor allem auf gar keinen Fall die Schlüssel des eigenen Hauses in die Hand drücken darf.

Allerdings wäre es langsam auch mal interessant zu erfahren, wen unsere Geheimdienste in Deutschland und Frankreich genau ausspionieren. Und dann wäre es interessant zu erfahren, wie lange wir eigentlich noch Milliarden für die perversen Sandkastenspiele dieser Geheimdienste ausgeben wollen – dieses Geld wäre sinnvoller da investiert, wo man die aktuelle Entwicklung hin zu blutigen Aufständen verhindern könnte. Denn auf genau die bewegt sich die Welt gerade zu. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber bald. Denn die Weltpolitik hat den Bogen nun endgültig überspannt – es ist nicht länger hinnehmbar, dass die Regierungen der Welt weiter gegen die Bevölkerung dieses Planeten arbeiten. Genau das Gegenteil wäre ihre Mission, aber davon hat sich die Welt weit, weit weg bewegt.

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