Ach soooo….

Lange haben wir gerätselt, warum man mit der abendlichen Ausgangssperre ab 18 Uhr in Frankreich die Menschen zweimal am Tag in volle Trams und Busse zwängt. Jetzt wissen wir's!

Wir müssen uns nur wie ein Fischschwarm verhalten, um das Virus mächtig zu verwirren... Foto: Gordon Firestein / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Manchmal braucht man eben etwas Zeit, um die vielen Maßnahmen zu verstehen, mit denen überall auf der Welt ein Virus und dessen Mutanten bekämpft werden sollen. Es ist aber auch schwierig, den Überblick zu behalten. So haben wir lange nicht verstanden, warum man bei uns in Frankreich morgens zwischen 7 und 9 und nachmittags von 16:30 Uhr bis 17:45 Uhr die Trams und Busse mit Menschen vollstopft, die zusammengepfercht eng an eng stehen und dabei blecherne Ansagen hören, in denen sie aufgefordert werden, doch mindestens einen Meter Abstand zum Nebenmann zu halten, „und vielen Dank für Ihre zivilisierte Mitwirkung“. Abstand halten wäre einfacher, würden einem nicht zwei andere Fahrgäste auf den Füssen stehen. Aber hallo! Es geht gar nicht darum Abstand zu halten! Im Gegenteil! Wir überlisten das Virus einfach!

Viren sind ja bekanntlich nicht die pfiffigsten Zeitgenossen. Sie haben nicht einmal ein Gehirn. Sie bestehen aus Proteinen und DNA, denken nicht, sehen nicht, hören nicht, riechen nichts und spulen im Einsatz ziemlich phantasielos ihr Programm ab. Und diese Hirnlosigkeit des Virus machen wir uns nun zunutze.

Wenn in den Stoßzeiten die Trams und Busse brechend voll sind, dann wird es für das blinde, taube, nicht riechende, einzellige Virus richtig schwierig. Wir müssen uns nur wie ein Fischschwarm verhalten, wenn sich ein Fressfeind nähert – mit schnellen, hektischen Bewegungen als Gruppe. Mal nach links, mal nach rechts, immer in Bewegung. Dann fällt es dem Fressfeind der Fische schwer, in der schimmernden Masse ein einzelnes Opfer auszusuchen. Immer in Bewegung bleiben. Und mit dem Virus verhält es sich genauso. Wen soll es anfallen, wenn sich derart viele Menschen zusammendrücken? Verunsichert schwebt es von links nach rechts, doch in dem Gedränge zu den Stoßzeiten fühlen sich nicht einmal Aerosole wohl.

Völlig entnervt von den vielen Menschen, die in der Gruppe so schwer anzufallen sind, gibt das Virus irgendwann entnervt auf und sagt sich, dass es weitermacht, wenn etwas weniger Leute in der Tram unterwegs sind. Doch schon haben wir das Virus ausgetrickst! Denn um 18 Uhr leeren sich die Trams schlagartig, weil Ausgangssperre herrscht. Niemand mehr in der Tram. Und das Virus geht leer aus. Ha! In the face!

Da zeigt sich, dass Schwarmintelligenz mindestens so gut ist wie Herdenimmunität. Von der Tierwelt lernen, heißt Siegen lernen! Und wir hatten gedacht, dass es sicherer sei, Menschenansammlungen zu vermeiden, unglaublich! Da muss man unseren Politikern danken, dass sie einmal mehr weitsichtiger waren als wir. Während wir versuchten, in weitem Abstand zu unseren Mitmenschen das Virus zu isolieren, haben wir nichts anderes getan, als uns als einzelne, gut auszumachende Zielscheibe für das Virus aufzustellen. Statt alle zusammen durch enge und engste Kontakte das Virus so zu verwirren, dass es gestresst bis zum Abend wartet. Aber da ist jetzt keiner mehr unterwegs. Nicht einmal mehr die Gruppen marodierender Greise, die allabendlich unsere Innenstädte unsicher machen, nun aber glücklicherweise wegen der Ausgangssperre daheim bleiben.

Es ist beruhigend, wenn man die Pandemie-Strategien versteht, wie diese Fischschwarm-Strategie in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Uff, so zwingen wir das Virus garantiert in die Knie…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste