Ach, wirklich?

Ob es wirklich Sinn macht, wenn der französische Gesundheitsminister Olivier Véran den Französinnen und Franzosen mitteilt, dass „es möglich ist, dass es nie wieder einen Lockdown gibt“, ist fraglich.

Die Krisenkommunikation des französischen Gesundheitsministers Olivier Véran ist absolut amateurhaft. Foto: (c) Nicolo-Revelli-Beaumont / Wikimedia Commons

(KL) – Die Lage wird immer undurchsichtiger. Während in den meisten Ländern die Lockdowns bereits verlängert wurden, zum Teil bis in den März hinein, überschlagen sich die deutschen und französischen Politiker.innen mit vagen Lockerungs-Perspektiven, von denen sie eigentlich selbst wissen müssten, dass sie damit lediglich die Bevölkerungen in die Irre führen. „Es ist möglich, dass es nie wieder einen Lockdown geben wird“, sagte der französische Gesundheitsminister Olivier Véran gestern Morgen den Kollegen von France Inter. Nur – warum sagt er so etwas?

Warum er das sagte? Weil es zu seinen Aufgaben gehört, die völlig undurchsichtigen Entscheidungen seines Bosses Emmanuel „Jupiter“ Véran zu verkaufen. „Zum jetzigen Zeitpunkt hatte der Präsident Recht, keinen allgemeinen Lockdown zu verhängen“, sagte Véran, „denn jede Woche, die wir über den Lockdown gewinnen, ist eine Woche mehr Freiheiten für die Franzosen.“ Naja, tolle Freiheit. Zwischen 18 Uhr und 6 Uhr morgens, also exakt die Hälfte des Tages, sind wir in Frankreich strafbewehrt eingeschlossen, dürfen uns aber zu den Stoßzeiten in öffentlichen Verkehrsmitteln drängeln wie nie zuvor und – die Infektionszahlen in Frankreich sind nach wie vor katastrophal. Doch wie kann Olivier Véran in einem Atemzug erklären, dass mittlerweile im Großraum Paris rund 40 % der getesteten Personen mit der britischen und deutlich virulenteren Variante des Coronavirus infiziert sind und gleichzeitig der Bevölkerung suggerieren, dass die Geschichte praktisch schon vorbei ist? Wenn Véran sagt, dass es möglich ist, „nie wieder einen Lockdown“ verhängen zu müssen, dann sagt er damit, dass die Situation unter Kontrolle ist. Ist sie aber nicht.

Auch in Deutschland ist die Lage nicht unter Kontrolle, auch wenn dort die Infektionszahlen rund viermal niedriger sind als im benachbarten Frankreich. Die momentan niedrigen Zahlen in Deutschland sind nicht mehr und nicht weniger als eine Momentaufnahme, die sich von jetzt auf gleich wieder umkehren kann. Das ist ein Zeitpunkt, zu dem „Entwarnung“ einfach nicht angesagt ist, auch, wenn die mächtigen Landesfürsten, vor allem in den Bundesländern, in denen 2021 Wahlen anstehen, laut nach Ausstiegs-Szenarien rufen. Doch das ist populistisch, egoistisch und gefährlich.

Frankreich läuft Gefahr, jede Woche dieser vermeintlichen „Freiheit“ teuer zu bezahlen. Doch so lange die Regierungen sich lieber von einer Urlaubsphase zur nächsten hangeln und dabei in Kauf nehmen, dass danach die Infektions-, krankheits- und Todeszahlen wieder explodieren, so lange werden wir weiter keine Chance gegen dieses permanent mutierende Virus haben.

Aber schön, dass Herr Véran so zufrieden mit seiner Arbeit ist. Wenigstens einer…

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