ADIDAS kehrt Straßburg den Rücken…

… und in Straßburg ist man verständlicherweise sauer. Das Angebot, dass viele der 140 Mitarbeiter in Straßburg in einem hybriden Telearbeit-System weiter arbeiten können, überzeugt nicht.

Freunde im Elsass hat die marke mit den drei Streifen wohl nicht mehr viele... Foto: Niek Beck / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Nach 60 Jahren im Elsass ist die Beziehung zwischen ADIDAS und dem Elsass vorbei. Dabei hatte der deutsche Sportartikel-Hersteller erst 2018 seine neue Zentrale direkt neben dem Europäischen Parlament bezogen, nachdem er bereits 2015 Pläne hatte, nicht nur den damaligen Standort Landersheim aufzugeben, sondern das Elsass ganz zu verlassen. Und das passiert jetzt. Die lokalen Verantwortlichen sind sauer, zumal sie in die Pläne von ADIDAS offenbar nicht eingeweiht waren. Einmal mehr sorgt ein flagranter Mangel an Kommunikation und Abstimmung für eine Belastung der deutsch-französischen Beziehungen.

ADIDAS beabsichtigt, seine Frankreich-Aktivitäten in Paris zu konzentrieren, wo die Gruppe ein repräsentatives Gebäude an einer der besten Adressen erworben hat. So lautet denn auch das Angebot der Gruppe an die Mitarbeiter im Elsass, dass zahlreiche der heutigen Mitarbeiter künftig in einem hybriden System zwischen Telearbeit im Elsass und bis zu 8 Tagen in Präsenz in Paris arbeiten könnten und daher gar nicht ihren Job verlieren. Doch das ist ziemlich blauäugig. Denn 8 Tage Präsenzarbeit in Paris, das bedeutet enorme Fahrtkosten und die Frage nach der Unterbringung im sehr teuren Paris. Lohnt es sich, in Paris eine zweite Wohnung zu einem horrenden Preis anzumieten, um 8 Tage im Monat dort zu arbeiten? Oder ein Nomadenleben mit AirBnB? Oder sich permanent bei Bekannten einquartieren? Dieses System scheint wenig vielversprechend zu sein und die meisten Mitarbeiter verspüren wenig Lust, vom Elsass in die Hauptstadt umzuziehen und ihre sozialen und familiären Kontakte und Aktivitäten dem Interesse von ADIDAS zu opfern.

Besonders ärgerlich ist diese Entscheidung angesichts der Tatsache, dass sich die lokale Politik seit 2015 weit aus dem Fenster gelehnt hatte, um ADIDAS in der Regio zu halten. Nachdem eine Lösung im Europäischen Viertel beim Europaparlament gefunden worden war und ADIDAS 2018 stolz seine neuen Büros beziehen konnte, rechnete niemand damit, dass die Gruppe nur drei Jahre später dem Elsass und Straßburg den Rücken kehren würde.

Die Vorschläge der Gewerkschaften, einen modernen „Co-Working-Bereich“ in Straßburg einzurichten, der es den heutigen Mitarbeitern ermöglicht hätte, weiterhin im Elsass zu arbeiten, wurde von der Geschäftsleitung mit dem vagen Hinweis auf eine „in Paris aufgebaute Unternehmenskultur“ weggewischt. Insofern befürchten die Gewerkschaften, dass das Angebot eines hybriden Arbeitsformats nicht mehr als Augenwischerei sei.

Der Umzug soll bis Ende 2024 über die Bühne gehen und auch, wenn die Lokalpolitik angekündigt hat, weitere Gespräche mit der Gruppe führen zu wollen, besteht nur wenig Hoffnung, dass sich ADIDAS noch anders entscheidet.

Diese Entscheidung wird allerdings auch künftige Ansiedlungen deutscher Unternehmen im Elsass belasten, denn das Vertrauensverhältnis ist nun stark belastet. Insofern hat ADIDAS nicht nur das Elsass geschädigt, sondern auch generell die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern belastet. Seit Bekanntwerden dieser Entscheidung liest man immer häufiger in den Sozialen Netzwerken, dass zumindest die Kunden im Elsass künftig wohl die Marke aus Herzogenaurach boykottieren wollen. Und irgendwie kann man das gut verstehen.

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