AfD verbieten? Bloß nicht…

Nach einem Gutachten des Deutschen Instituts für Menschenrechte sind die Voraussetzungen erfüllt, um die AfD zu verbieten. Das sollte man allerdings tunlichst bleiben lassen.

Bekämpfen? Unbedingt! Verbieten? Auf keinen Fall! Foto: Anaconda74 / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Im Juni erschien ein Gutachten des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIM), in dem unter dem Titel „Warum die AfD verboten werden könnte. Empfehlungen an Staat und Politik“ dargelegt wird, dass die rechtsextreme Partei einen Grad der Gefährlichkeit erreicht hat, der ein Verbot rechtfertigen könnte. Das würde natürlich den ehemaligen Volksparteien gut in den Kram passen, wenn sie von ihrem eigenen, Jahrzehnte andauernden Versagen ablenken könnten, indem sie ihren schärfsten Konkurrenten nicht mehr inhaltlich bekämpfen müssen, sondern das Phänomen AfD einfach unter den Teppich kehren könnten. Doch das sollte man besser vermeiden, denn unter dem Deckmäntelchen des Schutzes der Demokratie dieselbe auszuhebeln, kann keine Lösung sein.

Dass die AfD jedem halbwegs normal tickenden Menschen mit ihren kruden Positionen kalte Schauer über den Rücken jagt, ist eine Sache. Doch sollte man nicht vergessen, dass diese Partei in 10 Jahren ihren unglaublichen Durchmarsch durch die deutsche Politiklandschaft nur deshalb bewerkstelligen konnte, weil sich die anderen Parteien überwiegend auf ihrer Historie ausruhen und fast täglich den Nachweis liefern, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die heutigen Probleme zu bewältigen. Die AfD ist nicht „organisch gewachsen“, sondern wurde von den anderen Parteien erst groß gemacht. Daher kann die Lösung des Problems AfD nicht einfach auf die Gerichte abgeschoben werden, sondern muss auf politischer Ebene erfolgen.

Ein Verbot käme der AfD gerade recht. Die Rechtsextremen könnten dann vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, ein langwieriges Verfahren würde der AfD nicht nur eine permanente Medienaufmerksamkeit sichern, sondern ihr auch noch eine „Opferrolle“ spendieren, die ihr mehr als angenehm wäre und letztlich sogar ihre kruden Narrative bestätigen würde.

Ob es einem passt oder nicht, heute tendiert mehr als ein Fünftel der Bundesbürger zur AfD, wenn man den Umfragen von RTL/n-tv Glauben schenkt. Man kann aber nicht ein Fünftel der Wählerschaft zu Illegalen erklären und ihnen verbieten, den Mist zu denken, den sie denken. Diejenigen, die heute zur AfD tendieren, kann man nicht mundtot machen, sondern man muss den langen Weg der Überzeugung gehen und der führt entlang einer anderen, effizienteren und weniger korrupten Politik.

Sollte es zu einem Verfahren wegen eines Verbots vor dem Europäischen Gerichtshof kommen, besteht sogar die Gefahr, dass die Rechtsextremen aus so einem Verfahren erfolgreich und damit auch gestärkt hervorgehen. Die Aussage des DIM, dass die AfD „die Grenzen des Sagbaren und damit den Diskurs so verschiebt, dass eine Gewöhnung an ihre rassistischen national-völkischen Positionen – auch im öffentlichen und politischen Raum – erfolgt“, dürfte vor einem europäischen Gericht nur schwer beweisbar sein, könnte aber auch von internationalen Richtern unter dem Hinweis auf die Meinungsfreiheit einkassiert werden.

Auf jeden Fall sollte man eine Stigmatisierung der Rechtsextremen vermeiden. Eine Partei, die 20 % der Wählerschaft repräsentiert kann man nicht verbieten, sondern man muss sie inhaltlich besiegen. Doch statt sich mit dem Kampf gegen eine Partei zu beschäftigen, in der neofaschistisches Gedankengut gepflegt wird, arbeiten sich die ehemaligen Volksparteien lieber aneinander ab und scheinen nicht zu merken, dass sie der AfD immer mehr potentielle Wähler in die Arme treiben.

Mit einem Verbot würde man der AfD nur noch weiteren Rückenwind geben – und das sollte man tunlichst vermeiden. Und die Parteien müssen endlich aufhören, immer die anderen für den rasanten Aufstieg der AfD verantwortlich zu machen. Die AfD gibt es nur, weil CDUCSUSPDGRÜNELINKE seit so vielen Jahren so schlecht agieren. Die einzig nachhaltige Lösung – besser regieren und besser agieren. Die AfD zu verbieten wäre ein riesiger Fehler.

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