Afrika zeigt, wie’s geht

Angesichts der Tatsache, dass die Covid-Krise vor allem nationalen Egoismus an den Tag bringt, zeigt Südafrika, wie man eine Pandemie bekämpft.

In Afrika sind bisher nur 7,3 % der Menschen geimpft. "Afrigen" zeigt eine Alternative zum kalten Zynismus von "Big Pharma" auf. Foto: Andrea Onuoha / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Das mag auf den ersten Blick erstaunlich klingen – ausgerechnet in dem Land, in dem das aktuelle Variant „Omikron“ seinen Ursprung nahm, entwickeln Wissenschaftler eine Impf-Lösung, an der sich die profitgierigen Pharmafirmen der ganzen Welt ein Beispiel nehmen sollten. Die Wissenschaftler des Labors „Afrigen Biologics and Vaccines“ in Kapstadt entwickeln gerade den ersten afrikanischen Impfstoff, dessen Ziel keine exorbitanten Profite sind, sondern der Schutz der Bevölkerung. Dieser mRNA-Impfstoff soll kostengünstig in Afrika produziert werden und nicht von Patenten geschützt werden, damit möglichst viel von diesem Impfstoff in möglichst kurzer Zeit der afrikanischen Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden kann.

Offenbar hat man in Afrika das verstanden, was sich die Politiker der restlichen Welt immer noch weigern zu erkennen: Diese Pandemie wird so lange weiter grassieren, bis man weltweit ein ausreichendes Schutz-Schema entwickelt hat. In Afrika, wo insgesamt erst 7,3 % der Bevölkerung geimpft sind und in einigen Ländern die Impfungen noch nicht einmal begonnen haben, hat man verstanden, dass hier gehandelt werden muss und zwar schnell.

Hut ab vor den afrikanischen Entwicklern. Denn dem Labor „Afrigen“ geht es tatsächlich nicht darum, im Rausch der Profite die Volkswirtschaften leerzusaugen, wie es andere Pharmafirmen gerade vormachen, sondern, wie die Geschäftsführerin von „Afrigen“ Petro Terblanche erklärte, Impfstoffe zu entwickeln, die wie „Open-Source-Software“ lizenzfrei zur Verfügung gestellt werden, damit sie in Entwicklungsländern produziert und verteilt werden können. Wie peinlich für die BionTech/Pfizers, Modernas, Johnson&Johnsons und wie sie alle heißen, deren einziges Ziel ist, maximale Gewinne mit ihren Impfstoffen zu erwirtschaften, wobei es diesen Unternehmen gar nicht so unrecht ist, dass die weltweite Impfsituation so schwach ist, dass man davon ausgehen muss, dass sie noch 4., 5. und x weitere Impfdosen unter die zahlungskräftige Kundschaft bringen können.

Der „Open-Source“-Ansatz der südafrikanischen Wissenschaftler muss jetzt, sofort und in ausreichender Höhe finanziell und logistisch unterstützt werden, denn momentan sind die „Afrigen“-Forscher die einzigen, die wirklich daran arbeiten, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Für die restlichen Pharma-Unternehmen ist die Covid-Pandemie ein Geschenk des Himmels mit einem Geschäftsmodell, das darauf abzielt, dieses Virus mit seinen Varianten möglichst lange aktiv zu halten, denn so lange die Pandemie nicht im Griff ist, kann man endlos weiter Impf-Dosen verkaufen und, wie erst neulich bei BionTech/Pfizer geschehen, die Preise nach Gutdünken und Zahlungskraft der Länder erhöhen. Bei so einem Geschäftsmodell wundert es auch nicht, dass diese Pharmaunternehmen nicht im Traum daran denken, ihre Patente freizugeben, damit Impfstoffe in Lizenz anderswo produziert werden können.

Bereits 40 Länder haben Interesse an diesem neuen Impfstoff angemeldet und die Lizenzen werden wohl in Kooperation zwischen „Afrigen“ und der WHO vergeben werden. Ziel ist es, dass in Ländern, die sich die teuren Produkte der anderen Pharmafirmen nicht leisten können, möglichst schnell eigene Produktionslinien hochgezogen werden können.

Die Welt hat Afrika und andere Kontinente in dieser Pandemie jämmerlich im Stich gelassen, da es der Politik augenscheinlich wichtiger war, die finanziellen Interessen von „Big Pharma“ zu schützen, als eine weltweit aktive Pandemie zu bekämpfen. „Afrigen“ hält nun der ganzen Welt den Spiegel vor und in diesem Spiegel sieht man nur noch die hässliche Fratze eines Kapitalismus, der buchstäblich über Leichen geht. Immerhin, „Moderna“ hat als einziges Unternehmen „Afrigen“ für die Entwicklung erforderliche Daten zur Verfügung gestellt, denn „Afrigen“ arbeitet an gefriergetrockneten Impfstoffen, die der Tatsache Rechnung tragen sollen, dass es in vielen Teilen der Welt keine Möglichkeit zur Tiefkühlung der Impfstoffe gibt.

Die WHO hat bislang 92 Millionen Euro für die Entwicklung des „Afrigen“-Impfstoffs bereitgestellt. Das ist viel zu wenig und jetzt ist die Welt gefordert, ähnliche Summen öffentlichen Geldes zu investieren, wie man zuvor in die Entwicklung der in Privatbesitz befindlichen Impfstoffe gesteckt hat.

Und plötzlich erkennt man, wem es um die Bekämpfung der Pandemie geht und wer ein Interesse daran hat, dass diese Pandemie möglichst lange andauert. Die südafrikanischen Wissenschaftler müssen mit allen Mitteln unterstützt werden, denn auf einmal wird klar, mit welchem unglaublichen Zynismus die übrigen Pharmafirmen alles daran setzen, nicht etwa die Pandemie zu besiegen, sondern so viele Impfdosen wie irgend möglich zu verkaufen.

Die weitere Entwicklung um „Afrigen“ muss aufmerksam verfolgt werden und irgendwann wäre es angebracht, dass sich die Politik mit der Frage beschäftigt, warum sie Geschäftsmodelle von „Big Pharma“ finanziert, die einzig dem Profitstreben dieser Unternehmen dient, aber gleichzeitig nicht nur die Volkswirtschaften ruiniert, sondern gleichzeitig dafür sorgt, dass uns diese Pandemie möglichst lange erhalten bleibt. Ginge es „Big Pharma“ darum, diese Pandemie wirklich zu bekämpfen, waren die entsprechenden Patente bereits seit langer Zeit freigegeben und überall auf der Welt könnten kostengünstig Impfstoffe produziert werden. „Afrigen“ zeigt einen unglaublich altruistischen Weg aus der Krise auf. Ob man das in den Chefetagen der anderen Pharmafirmen ebenso begeistert beklatscht?

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