AKK auf der Überholspur

Viele hatten vor dem CDU-Parteitag einen Putsch der Riege um Friedrich Merz und seinem Mann fürs Grobe, JU-Chef Tilman Kuban erwartet. Doch es sollte ganz anders kommen.

Die begnadete Rednerin Annegret Kramp-Karrenbauer war die Überraschung des CDU-Parteitags in Leipzig. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – In den Tagen vor dem CDU-Parteitag in Leipzig spürte man, dass Annegret Kramp-Karrenbauer angeschlagen war. Von langer Hand geplant, sollte in Leipzig ihr Sturz vorbereitet, wenn nicht gar vollzogen werden. Ihre Umfrageergebnisse, selbst im Vergleich zu ihrem Konkurrenten Friedrich Merz, waren im Keller. In den vielen TV-Interviews konnte sie nichts anderes tun, als sich zu rechtfertigen, immer in der Defensive. Doch alle, die AKK schon abgeschrieben hatten, sahen sich getäuscht – in Leipzig ist AKK auf die Überholspur gewechselt und hat gezeigt, dass sie eben doch nicht nur Saarland kann, sondern dass sie das Zeug dazu hat, ihre Partei in die Hand zu nehmen.

AKK hatte den „Heimvorteil“ – als Parteivorsitzende konnte sie unmittelbar nach Angela Merkel zu den 1000 Delegierten sprechen und zwar ohne Zeitbeschränkung wie alle, die nach ihr ans Rednerpult durften. Und diesen Vorteil nutzte sie. Sie zeichnete ein klares Programm für die CDU, erteilte den ewigen Personaldebatten eine Absage, bestätigte ihren Führungsanspruch und stellte die Delegierten sogar vor eine klare Wahl: „Wenn Ihr mit dieser Vision und meiner Art, diese umzusetzen, nicht einverstanden seid, dann klären wir das hier und heute“ – als Ergebnis erhielt sie minutenlange „Standing Ovations“ und innerhalb von 90 Minuten hatte sie das Unmögliche geschafft und die Partei hinter sich versammelt.

Die Redner nach ihr, die alle eine scharfe Redezeitbegrenzung hatten, zeigten ihre Verwirrung. Der JU-Chef Tilman Kuban, der verzweifelt versucht, mit Friedrich Merz einen Rechtsruck der CDU hinzulegen, beeilte sich zu erklären, dass er natürlich niemals vorhatte, die Parteivorsitzende, die „liebe Annegret“ anzugreifen, nur um es wenig später noch einmal zu versuchen, indem er seinen Antrag aufrecht hielt, die Kanzlerschafts-Kandidatur per Mitgliedervotum zu bestimmen – 80 % der Delegierten schlugen ihm diesen Antrag um die Ohren und auch Friedrich Merz konnte nicht anders, als mit ziemlich leeren Phrasen an die Einheit der Partei zu appellieren, wobei der unterstrich, dass die Entscheidung über den oder die Kanzlerkandidaten oder -Kandidatin erst beim Parteitag 2020 fallen wird, was lediglich bedeutete, dass er sich weiter im Rennen sieht. Der Applaus für seinen Beitrag fiel ebenso dünn aus wie der für Kuban – AKK hatte sich eindeutig durchgesetzt.

Später zeigte AKK noch einmal, wer der Chef im Ring der CDU ist, als sie Friedrich Merz in einem Interview anbot, sich weiterhin in der Parteiarbeit einzubringen – „Mein Angebot, dass er noch stärker eingebunden werden kann, steht nach wie vor“. Eine gute Gewinnertaktik, die Verlieren und internen Gegner in seiner Nähe zu halten – dann sieht man besser, was die so anstellen…

In Leipzig hat Annegret Kramp-Karrenbauer das fertig gebracht, was ihr nicht viele zugetraut haben – sie hat Führungsqualitäten bewiesen. Während ihre parteiinternen Gegner bereits diskutierten, wie man sie am besten zur Strecke bringt, hat sie alle auf der Überholspur hinter sich gelassen. Damit ist sie nun endgültig in Berlin angekommen, sie wird ihre Fehler des letzten Jahres schnell vergessen machen und sie wird ebenfalls dafür sorgen, dass der rechte Flügel der CDU nicht das Sagen bekommt. Man darf gespannt sein, wie es in der CDU weitergeht, doch seit Leipzig ist eines klar – in der CDU wird niemand an AKK vorbeikommen.

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