Alle Jahre wieder…

… feiert man am 22. Januar den Jahrestag des Elysee-Vertrags, der die Grundlage für die deutsch-französische Aussöhnung war. Dabei gibt’s gerade nicht viel Grund zum Feiern.

Am 22. Januar 1963 unterzeichneten De Gaulle und Adenauer gegen den Widerstand ihrer Parlamente den Elysee-Vertrag. Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-P106816 / Unknown author / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – General De Gaulle und Konrad Adenauer hatten sich 1963 gegen eine ablehnende Haltung ihrer jeweiligen Parlamente durchgesetzt und am 22. Januar 1963 den berühmten Elysee-Vertrag unterzeichnet, der nur 18 Jahre nach Ende des II. Weltkriegs ein neues Kapitel in den Beziehungen beider Länder einläutete. Dieser Vertrag wurde am 22. Januar 2019 durch den Aachener Vertrag ergänzt, der zahlreiche Möglichkeiten beinhaltet, mit denen insbesondere die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erleichtert werden soll. Doch viel Gründe zum Feiern gibt es an diesem 22. Januar 2025 nicht – der „deutsch-französische Motor Europas“ ist, allen salbungsvollen Ansprachen zum Trotz, zum Stillstand gekommen.

Vor nicht allzu langer Zeit war die Achse Paris-Berlin in Europa das zentrale Element für europäische Politik. Man denke nur an das „Normandie-Format“, an das Minsker Abkommen, das Frankreich und Deutschland noch gemeinsam auf den Weg gebracht hatten. Doch inzwischen sind beide Länder aus der Liga der wichtigen Nationen abgestiegen, was an extrem schwachen und unberechenbaren Regierungen liegt, die sich selbst in innenpolitisches Desaster manövriert haben, die ihr internationales Ansehen enorm geschwächt haben. Heute sind auf der internationalen Bühne Länder wie die Türkei, Polen und selbst Ungarn wichtiger, während sich die Weltpolitik kaum noch dafür interessiert, welche Positionen Deutschland und Frankreich vertreten.

Dort, wo man die deutsch-französischen Beziehungen konkret lebt, in den Grenzregionen, läuft auch nicht alles nach Wunsch. Viele Dinge, die speziell seit dem Aachener Vertrag möglich wären, werden nicht getan, es gibt eine Fülle grenzüberschreitender Büros, Organisationen, Abteilungen in den Rathäusern, in den Landratsämtern, in den Regierungspräsidien, in den Präfekturen, in den Verwaltungen von Departement und Region und alle zusammen machen leider nur Schnecken-Fortschritte. Statt eine Führungsrolle im Aufbau eines „Europas der Bürger“ einzunehmen, verwaltet man die grenzüberschreitenden Angelegenheiten administativ, die immer wieder angemahnte Bürgerbeteiligung und Einbindung der Zivilgesellschaft findet nur äußerst begrenzt statt und auch die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung und das dazugehörige Deutsch-Französische Sekretariat sind in der öffentlichen Wahrnehmung schlicht inexistent.

Zum heutigen Jahrestag des Elysee-Vertrags sollte man sich an den Geist von Charles De Gaulle und Konrad Adenauer. Hatte nicht De Gaulle bereits 1940 in London erklärt, dass man an die Zukunft Europas MIT Deutschand denken sollte? Zu diesem Zeitpunkt löste seine Ansprache in der Royal Albert Hall eisiges Schweigen aus, das mitten im II. Weltkrieg die Vorstellung eines Europas mit Deutschland den meisten Zuhörern geradezu abenteuerlich vorkam. Doch De Gaulle und Adenauer waren Visionäre eines geeinten und starken Europas, was ihre Nachfolger Macron und Scholz leider nicht in der Lage sind, weiterzuführen.

So werden dann heute wieder etliche Büffets organisiert werden, vielleicht bekommt auch der eine oder andere Beamte eine Medaille für „herausragende Verdienste“ um den Hals gehängt, doch das wird niemanden täuschen können. Mit Sonntagsreden wird man den „deutsch-französischen Motor Europas“ nicht wieder flottmachen, da muss man schon auf große Zeitgenossen wie De Gaulle und Adenauer hoffen. Doch solche Vollblut-Europäer sucht man heute leider vergeblich. Und plötzlich wird aus dem Jubeltag eine Art trauriger Geburtstag…

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