Allein gegen alle – die Türkei legt sich mit (fast) allen an

Die Staaten der Europäischen Union sind der Türkei von Recep Tayyip Erdogan ebenso ein Dorn im Auge wie die USA – dafür gestaltet sich die Männerfreundschaft Erdogan – Putin immer enger…

Auch die neue Männerfreundschaft Erdogan - Putin gehört zur türkischen Drohkulisse. Foto: kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der Ton zwischen der Türkei und Europa und den USA wird immer schärfer. Während sich die Regierung Erdogan bitter beklagte, dass man in Europa sein „erfolgreiches Niederschlagen“ des „Putsches“ vom 15. Juli als Erfolg feiert, während die Türkei den USA quasi ultimativ mitteilt, dass man sich entweder für die Bewegung des auch nicht ganz sorglos zu betrachtenden Predigers Fethullah Gülen oder aber für die Türkei zu entscheiden habe, sind nun Dokumente aufgetaucht, die der Türkei die Unterstützung terroristischer Organisationen im Mittleren und Nahen Osten vorwerfen. Das haben zwar schon viele Beobachter hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, aber nun ist dies auch die Einschätzung der Bundesregierung. Und wie sollen jetzt die Beziehungen zur Türkei gemanagt werden?

Nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes pflegt die AKP von Recep Tayyip Erdogan eine ideologische Affinität zur radikalen Moslembruderschaft in Ägypten, aber auch zur Hamas und der islamistischen Opposition in Syrien. Und dazu konnten auch die Vorwürfe, dass der Clan des türkischen Präsidenten Handel mit dem IS treibt, nie entkräftet werden. Somit wird immer klarer, dass die Türkei von Recep Tayyip Erdogan nicht etwa Teil der Lösung des Krisenherdes in der Region ist, sondern Teil des Problems. Dies wird auch deutlich, wenn man sieht, dass vor allem die Kurden aktiv gegen den IS kämpfen und dabei immer wieder auch von türkischen Truppen angegriffen werden. Gegen wen kämpft die Türkei eigentlich?

Die Unterstützung terroristischer Organisation durch die Türkei ist ein ernstes Problem, denn nach wie vor ist der Westen stark mit der Türkei verbunden, sei es durch die NATO, sei es durch vielfältige Handelsbeziehungen. Und letztlich auch durch den unglückseligen Flüchtlingsdeal, in den sich die EU von Angela Merkel hat hineinreden lassen und der sich schon bald als Bumerang erweisen könnte.

Wenn die Türkei nun auch mit Drohgebärden in Richtung USA aufwartet, dann ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass sich Erdogan gerade neue Freunde im Osten sucht. Angesichts der angespannten Lage zwischen Russland und der Ukraine wäre ein weiterer Militärschlag Russlands eine Katastrophe, während am Tor zum Osten ein unzuverlässiger Partner ein doppeltes Spiel spielt.

Die Entwicklung in der Türkei ist nicht nur einfach ärgerlich und bedenklich, wenn man an die Zehntausenden Verhaftungen, „Säuberungen“ und Entlassungen in der Türkei denkt, sondern hochgradig gefährlich. Auf dem Weg hin zu einer religiös angehauchten Autokratie könnte Erdogan in der Lage sein, die Situation vor den Toren Europas auf eine Art und Weise zu destabilisieren, dass sich die dortigen Konflikte zu einem Flächenbrand ausweiten. Es ist allerhöchste Zeit, dass sich die EU auf eine gemeinsame Position zur Türkei verständigt – doch irgendwie hat man gerade das Gefühl, als sei das europäische Spitzenpersonal komplett im Urlaub. Ob die Situation in der Türkei wartet, bis alle wieder da sind?

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