Alles auf Anfang – SIG ohne Ende

Am Freitag vor Pfingsten war für die Basketballprofis von SIG Strasbourg eine turbulente Saison beendet. Ausgerechnet ihr Trainer schien nach der Play-Off-Niederlage erleichtert: Der Stress hat nun ebenfalls ein Ende. Für den Verein und den Basketball geht es natürlich trotzdem weiter – aber wie?

Das waren die letzten Momente der SIG unter Trainer Luca Banchi. Foto: © Michael Magercord

(Michael Magercord) – Erst mal durchatmen, puh, und dann ab in den Garten. Dieses Rezept der Sportergebnisbewältigung stammt von Luca Banchi. Der Italiener war bis zum späten Freitag vor einer Woche Trainer der Basketball-Profimannschaft von SIG Strasbourg. Gegen halb acht Uhr abends, nach der äußert knappen Niederlage im zweiten und somit auch letzten Play-Off-Spiel gegen den Favoriten aus Monaco, würdigte der erfahrene Coach nicht nur den aufopfernden Kampfwillen seiner „guys“ und die gepflegten Umgangsformen seiner Vereinsführung, sondern ebenso die Vorzüge von längeren Ruhepausen zwischen den Engagements auf harten Trainerbänken, die sich am besten im heimischen Grün genießen ließen. Hart arbeiten, sagt der 57-Jährige, kann man dort auch, es muss nicht immer Sport sein. Und Gartenfreunde aller Länder wissen es nur zu gut: Wahre Verbundenheit mit der echten Welt und lustvolle Freude über echte Resultate seines Tuns erlebt man selten so intensiv wie im Beet.

Luca Banchi wird trotzdem Profi bleiben, zunächst als Betreuer der lettischen Nationalmannschaft. Das aufreibende Ligageschäft ruht für ihn, er wird nicht mehr jeden Tag in der Sporthalle antreten und sich alle vier Tage nicht nur mit dem Spiel seiner Jungs, sondern den seltsamen Entscheidungen der Schiedsrichter herumzuschlagen müssen. Denn davon gibt es vor allem in der französischen Topliga ziemlich viele, die in ihren beiden letzten Saisonspielen vor allem die Straßburger trafen. Luca Banchi ärgert sich dann nicht nur über die blöden Fehlurteile, schlimmer sei es, dass er sich von ihnen – ganz entgegen seiner eher analytischen Natur – in ein aufgeregt umher gestikulierendes Seitenlinien-Rumpelstilzchen verwandeln lässt.

Diese Rolle könnte in der kommenden Saison nun Massimo Cancellieri zufallen. Der Schüler seines Vorgängers ist der neue Trainer bei SIG Strasbourg. Zumindest aber wird der Ex-Coach von Limoges etliche Gründe haben, sich seinen beeindruckenden Bart, den er laut eigener Aussage auf Anregung seiner Schwiegermutter trägt, zu zausen. Denn auf SIG kommen nicht allzu leichte Zeiten zu. Die abgelaufene Spielzeit war nach den Worten des Vereinspräsidenten Martial Bellon eine „äußerst anstrengende“. Die finanzielle Bilanz ist negativ: die Kosten für den Trainerwechsel im November, als SIG die rote Tabellenlaterne in die Hand gedrückt wurde; verletzte Spieler, für die Ersatz gesucht werden musste; die gestiegenen Reisekosten zu den Auswärtsspielen in ganz Europa; all das schlug Löcher in die Kasse, die nicht mehr mit gleichzeitig sinkenden öffentlichen Subventionen und privaten Sponsorengeldern zu stopfen waren. Einzig die Fans sind immer treu geblieben, mit einem Schnitt von über 5.500 Zuschauern liegt Straßburg auf Platz zwei der Liga, gleich hinter Nancy.

Die neue Mannschaft, die der Sportdirektor nun zusammenstellen muss, wird mit etwas weniger teuren und hochbegabten Spielern geformt werden müssen als zuvor. Diese Situation aber kommt dem neuen Trainer entgegen, ist er doch eher ein Liebhaber kallharter Abwehrarbeit statt offensiver Schönspielerei. „Der Gegner muss Angst haben, uns anzugreifen“, sagt Massimo Cancellieri, was sich auch mit weniger fintenreichen Akteuren erreichen lässt. Ob es für einen erneuten Spitzenplatz in der Liga und einem der europäischen Wettbewerbe genügen wird? Präsident Bellon nervt schon diese Frage: Kein Verein hat ein automatisches Anrecht auf einen Platz in der Spitze. Man muss damit leben, dass es Phasen gibt, in denen man auch mal im Mittelfeld landen darf, ohne dass die Basketballwelt untergeht.

Was den Sponsoren eher schwierig zu vermitteln ist, verstehen die Anhänger des altehrwürdigen Clubs wohl ohne allzu große Hirnakrobatik. Zumal SIG Strasbourg in dieser Saison noch einen treuen Fan hinzugewonnen hat: Luca Banchi, der zuvor bereits Trainer in Italien, Deutschland, Griechenland und Russland war, hat bei seinem Abschied bekannt gegeben, nun das Schicksal seines Ex-Vereins aus dem Elsass mit vollem Herzen für immerdar weiterzuverfolgen – selbst wenn er seine wahren Siege natürlich im echten Ringen um Tomaten und Zucchini erzielen wird.

Wer sich nun noch einmal vom Ex-Trainer verabschieden lassen möchte, der muss nur HIER klicken.

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