Am Sonntag sind in Straßburg die „neuen Mobilitäten“ Trumpf

Ein großer Teil der Straßburger Innenstadt, im Bereich „Avenue des Vosges – Neustadt“, ist am Sonntag für den Autoverkehr gesperrt. Ein Wandel scheint zu beginnen.

Verkehrsberuhigung kann auch ein Fest sein - wie die "befreiten Strassen" am Sonntag in Strasbourg! Foto: Stadt Strasbourg / strasbourg.eu

(KL) – Der eine oder andere mag sich an den 25. November 1973 erinnern, als in Deutschland, mitten in der damaligen Ölkrise, der erste „autofreie Sonntag“ stattfand und viele Menschen die Asphalt-Trassen erstmalig mit Fahrrad oder Rollschuhen nutzen konnten. Während die Ampeln sinnlos von Rot auf Grün und zurück sprangen, entdeckten die Bürgerinnen und Bürger ihre Stadt auf eine ganz neue Art und Weise. Am Sonntag, den 19. September 2021, können die Straßburger (und die Besucher der Stadt) dieses Gefühl ebenfalls erleben. In einem großen Teil der Innenstadt (Bereich Avenue des Vosges – Neustadt) müssen Autos und andere motorisierte Fahrzeuge zwischen 9 und 19 Uhr draußen bleiben. Der Aktionstag „Rues libérées“ („befreite Straßen“) läutet ein neues Zeitalter des Verkehrs in der Europahauptstadt ein.

Wer am Sonntag rund um den „Place de la République“ unterwegs ist, geht entweder zu Fuß oder ist mit dem Fahrrad, einem Roller, Rollerblades oder Skateboard oder aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs – denn ein großzügiger Bereich rund um die Verkehrsachse „Avenue des Vosges“ ist von 9 bis 19 Uhr komplett für den Verkehr mit motorisierten Fahrzeugen gesperrt.

Dieser Tag markiert einen neuen Ansatz in der urbanen Verkehrspolitik in Straßburg. Die Innenstadt von Straßburg soll verkehrsberuhigt werden, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und „gesunder“ Fortbewegungsmittel sollen gefördert werden und das Ganze soll dazu dienen, dass die Menschen die Innenstadt eines Tages in Sicherheit und ohne Feinstaub- und Lärmbelästigung nutzen können. Und natürlich ist das Fernziel auch, dass man einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, denn der motorisierte Individualverkehr gehört nach wie vor zu den großen Klimakillern.

Der Aktionstag kommt dabei nicht etwa mit dem erhobenen Zeigefinger daher, sondern als Volksfest, mit Musik und Animationen, mit Gastronomie- und Informations-Ständen. Verschiedene Vereine bieten auch Dinge wie das Markieren von Fahrrädern (als Diebstahlsschutz, leider in Straßburg nötig…) oder Workshops an, bei denen man lernt, einfache Reparaturen am Fahrrad durchzuführen. Dazu bietet das Tourismusbüro geführte Rundgänge durch eines der schönsten und historischen Viertel Straßburgs an und dabei ist der Termin kein Zufall – denn am Sonntag ist auch der „Tag des europäischen Kulturerbes“, was in der Straßburger Neustadt besonders passend ist.

Kurz – die „befreiten Straßen“ werden am Sonntag ein schönes Volksfest werden, dessen Bedeutung weit über diesen Tag hinaus reicht. Denn die grüne Stadtregierung macht ernst und setzt sich daran, ihre Wahlversprechen schrittweise umzusetzen: Straßburg soll grüner und umweltbewusster werden.

Natürlich regt sich auch Kritik in der Innenstadt. Etliche Bewohner werfen der Stadt vor, dass sie „autofeindlich“ sei. Nur – man kann nicht einerseits fordern, dass mehr für Klima- und Umweltschutz und die Lebensqualität in den Städten getan werden soll, gleichzeitig aber jeden Wandel ablehnen, mit dem Argument „das haben wir immer schon so gemacht“. Genau das „das haben wir immer schon so gemacht“ hat dazu geführt, dass wir es heute mit Umweltproblemen zu tun haben, die jedes Jahr so viele Menschen töten wie die aktuelle Pandemie – mit „weiter so!“ kommen wir auf keinen grünen Zweig mehr.

Natürlich sind auch die Bürgerinnen und Bürger von der anderen Rheinseite herzlich eingeladen, zu diesem Fest zu kommen! Am besten mit dem Fahrrad oder einem anderen „gesunden“ Verkehrsmittel, aber man kann beispielsweise auch von Kehl mit der Tram nach Straßburg fahren. Und man darf heute schon gespannt sein, wie sich die weitere Entwicklung der „neuen Mobilitäten“ in Straßburg gestalten wird.

Am Sonntag sind folgende Straßen von 9 bis 19 Uhr für alle motorisierten Fahrzeuge gesperrt: Avenue des Vosges, zwischen dem Boulevard Clémenceau und der Rue du Général Rapp, Avenue de la Liberté (bis auf die Busse der CTS), Rue de Drulingen, Rue de Phalsbourg, Rue Paul Muller Simonis, Rue Sellenick (zwischen der Rue de Phalsbourg und der Rue Specklin), Rue Specklin, Rue du Général Castelnau, Rue du Général Rapp, Rue Oberlin (zwischen der Avenue des Vosges und der Rue Schwendi), Rue du Général Frère, Rue Louis Apffel (zwischen der Rue du Maréchal Foch und der Rue Baldung Grien).

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