An Frankreichs Tankstellen wird das Benzin knapp

Viele französische Kraftstofflager werden immer noch von den Gewerkschaften blockiert. Das Armdrücken zwischen Regierung und Gewerkschaften hat allerdings nur Verlierer.

Benzin gibt es in Frankreich momentan meistens nur noch bei Geheimtipp-Tankstellen... Foto: besopha / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(WB) – An den Tankstellen in Frankreich wird das Benzin knapp. Die Raffinerien und Kraftstoffdepots sind blockiert und werden bestreikt und der Kampf der Gewerkschaften, allen voran die kommunistische CGT, haben einen Kampf gegen die französische Regierung aufgrund des neuen Arbeitsgesetzes gestartet, dessen Auswirkungen inzwischen überall in Frankreich spürbar sind. Und bei dem es am Ende keinen Gewinner geben kann.

Jede dritte Tankstelle in Frankreich hat mittlerweile kein Benzin mehr und viele Autofahrer können ihre Fahrzeuge deswegen nicht mehr nutzen. Dazu kommen Streiks bei der Eisenbahn, kurze Warnstreiks in großen Unternehmen und die Regierung steht vor einer echten Belastungsprobe. Was sie allerdings nicht davon abhält, laut gegen die „Minderheiten“ zu wettern, die angeblich das Land in Geiselhaft nehmen und damit ganz Frankreich schaden. Dabei befindet sich die Regierung selbst in einer Minderheit – da nicht einmal die eigene Fraktion geschlossen für das neue Arbeitsgesetz stimmen wollte, musste Premierminister Manuel Valls (PS) in die Trickkiste der Verfassung greifen und das neue Gesetz mit dem berühmten Paragraphen 49.3 am Parlament vorbei einfach durchboxen. Und dies wurde allgemein als das betrachtet, was es auch war – ein absolut undemokratischer Vorgang.

Und nun kämpft die sozialistische Regierung gegen ihren „natürlichen Verbündeten“ von einst, die linken Gewerkschaften. Präsident Hollande erklärte markig, dass man alles tun werde, um die Versorgung der Menschen und der Wirtschaft zu sichern, was dann auch schon wieder nach Ausnahmezustand klang. Dabei wissen die Sozialisten, die davon ausgehen müssen, dass sie keinerlei Rückhalt mehr in der Bevölkerung haben, dass sie in dieser Situation nur verlieren können. Eine „linke“ Regierung, die gegen Gewerkschaften und Arbeitnehmerinteressen kämpft? Die mit Gewalt die Raffinerien räumen lassen will? Die gleichzeitig mit Streiks und Straßenschlachten im ganzen Land zu tun hat, während aufgrund der Terroranschläge 2015 immer noch der Ausnahmezustand herrscht und der Sicherheitsplan „Vigipirate“ läuft, der enorm viele Polizei- und Militärkräfte bindet? Die Regierung wird sich eingestehen müssen, dass sie nicht gleichzeitig den Kampf gegen den Terrorismus und die gesamte Bevölkerung führen kann.

Es wird rationiert. Laut dem Staatssekretär im Verkehrsministerium Alain Vidalies reichen die Kraftstoffreserven für 115 Tage, doch davon merken die Autofahrer in kilometerlangen Schlangen vor den Tankstellen nichts. Und die Unruhe und der Unmut wachsen täglich.

Das Dilemma der Regierung ist, dass sie sich ebenso wenig bewegen kann wie die Gewerkschaften und die Protestbewegungen im Land. Zieht die Regierung das neue Arbeitsgesetz zurück, verliert sie ihr Gesicht, boxt sie es durch, verliert sie ebenfalls ihr Gesicht. Was dann auch die Frage aufwirft, warum in Paris Heerscharen von Beratern herumlaufen – hat denn niemand diese Patt-Situation kommen sehen?

In etwas mehr als zwei Wochen beginnt die EURO 2016 in Frankreich und Millionen Fußballfans werden nach Frankreich pilgern. Die Gefahr erneuter Terroranschläge wurde von den Geheimdiensten bestätigt, doch bis dahin wird sich die Lage in Frankreich kaum entspannt haben. Und somit stellt sich plötzlich eine ganz neue Frage – wird es die französische Regierung schaffen, bis zu den Wahlen 2017 im Amt zu bleiben? Eine Antwort auf diese Frage wird es bereits im Sommer geben – nach der EURO 2016 wird sich zeigen müssen, ob Valls, Hollande & Co. noch irgendetwas einfällt oder nicht. Zweifel sind da durchaus angebracht.

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