Angie setzt sich durch

Angesichts des unglaublichen Chaos, das die Ministerpräsidenten in den letzten Wochen und Monaten veranstalten, nimmt Angela Merkel die Zügel wieder in die Hand. Nun muss der Bundestag entscheiden.

Entschlossen, das Richtige zu tun. Angela Merkel hat das Chaos der Ministerpräsidenten satt. Foto: RudolfSimon / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die einen öffnen, die anderen schließen, wieder andere respektieren die vereinbarte „Notbremse“, andere ignorieren sie einfach. Das Ergebnis dieser länderspezifischen Alleingänge – die Inzidenz steigt überall in Deutschland wieder an. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hatte Angela Merkel eine einzige Option – die Weisungsbefugnis auf die Bundesebene zu verlagern. Dass die Ministerpräsidenten damit nicht einverstanden sind, ist ihr Problem. Die Bundeskanzlerin hat ein Jahr lang zugeschaut, wie sich die Bundesländer immer tiefer ins Chaos manövrieren und damit haben die Ministerpräsidenten Pech gehabt: Sie haben sich selbst in der Frage dieser Pandemie entmachtet.

Die neue Regelung, nach der die Bundesregierung die „Notbremse“ anordnen kann, muss noch durch den Bundestag, doch angesichts der Mehrheitsverhältnisse dürfte das kein Problem darstellen. Auch der Bundesrat wird abstimmen, doch sollten in der Länderkammer die Vertreter der Bundesländer das Vorhaben ablehnen, so können sie dann bei einer erneuten Abstimmung im Bundestag überstimmt werden.

Im Grunde ist das, was Angela Merkel nun durchsetzen wird, nichts anderes als das, was die Landesfürsten vor einigen Wochen bereits beschlossen, dann aber häufig einfach nicht umgesetzt haben: die „Notbremse“. Künftig wird die Bundesregierung also anordnen, dass wenn die Inzidenz in den Landkreisen und Städten die 100 überschreitet, innerhalb einer Woche eine nächtliche Ausgangssperre (21 – 5 Uhr) verhängt wird, Geschäfte wieder schließen müssen und die sozialen Kontakte wieder reduziert werden. Beim Überscheiten einer Inzidenz von 200 werden die Schulen wieder komplett auf den Präsenzunterricht verzichten müssen. Diese Regelungen werden in Form von Anweisungen erfolgen, wo bisher lediglich „Empfehlungen“ ausgesprochen wurden, an die sich niemand hielt. Die neue Regelung soll für die Dauer der Pandemie gelten, zunächst aber schon einmal bis zum 30. Juni 2021.

Dass die Landesfürsten sehr unzufrieden sind, dass ihnen die Kompetenzen in dieser Krise beschnitten werden, das haben sie sich selbst zuzuschreiben. Dass sie sich wochenlang nicht an die von ihnen selbst beschlossenen Vorgaben gehalten haben, ist ein höchst verantwortungsloses Vorgehen. Und dass bestimmte Länderchefs nur Stunden nach der Verkündigung eines verlängerten Lockdowns selbstherrlich die Aufhebung der Maßnahmen 10 Tage vor Ablauf des Lockdowns ankündigten, war nicht nur eine politische Unverschämtheit, sondern ein Versuch der politischen Profilierung, der im Zweifelsfall Menschenleben gekostet hat.

Die nun verkündeten Neuregelungen sind tatsächlich alles andere als neu. Nur – dieses Mal werden sie umgesetzt werden müssen und sind nicht länger Gegenstand der Tagesform der Ministerpräsidenten.

Natürlich sollte man jetzt nicht das Kind mit dem Bad ausschütten und den deutschen Förderalismus verteufeln. Allerdings zeigt sich in den Bereichen Gesundheit und Erziehung, dass auch der Föderalismus Grenzen hat und nur dann funktioniert, wenn sich alle an getroffene Absprachen halten, statt regionale Alleingänge zu starten. Die Aussage, dass es doch gerade darum ging, regionale Besonderheiten zu reflektieren, kann im Verlauf einer Pandemie nicht gelten. Denn einer Pandemie sind die persönlichen Ambitionen oder Befindlichkeiten eines deutschen Ministerpräsidenten herzlich egal…

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