Angie vs. Greta

Beim Klimagipfel in New York trafen die Forderung nach nachhaltigem Umweltschutz und die müden Aussagen der realpolitischen Klimakanzlerin aufeinander. Der Generationskonflikt ist in vollem Gange.

Greta Thunberg ist der Gegenentwurf zum neoliberalen Wild-West-Kapitalismus, der die Erde zerstört. Foto: Neogeografen / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Grüner als grün gab sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rednerpult in New York. „Wir haben nur eine Erde!“, rief sie und fast hatte man das Gefühl, die wütende Greta Thunberg zu hören. Doch während Angela Merkel das „möglich Machbare“ verkündete, mit dem in erster Linie Arbeitsplätze in der deutschen Industrie und weniger das Klima gerettet werden, las Greta Thunberg den Mächtigen der Welt die Leviten: „How dare you?!“, schnauzte sie die verdutzten Staats- und Regierungschefs an, von denen viele laut applaudierten. Doch Greta Thunberg und ihre Bewegung #fridaysforfuture wird es nicht bei Appellen belassen – mit 14 anderen Jugendlichen reicht die Bewegung Klage gegen fünf der größten Verschmutzer-Staaten wegen Verletzung der Kinderrechte ein (darunter auch Deutschland und Frankreich) und diese Klage hat gute Chancen, zu einer Art Musterprozess zu führen.

Angela Merkel benahm sich in New York so, wie sie sich eben bei internationalen Anlässen präsentiert. „Wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört“, versuchte sie Greta Thunberg zu beschwichtigen, doch wird man das Gefühl nicht los, als habe man sich nach gehörtem Weckruf erst noch einmal unter der Decke umgedreht, um ein wenig weiterzuschlafen. Das, was die „Klimakanzlerin“ in New York präsentierte, ist kein „Klimapaket“, sondern höchstens ein Paketchen, von dem fast alle Experten der Ansicht sind, dass sich mit diesem Paket letztlich kaum etwas ändern wird und Deutschland mit diesen Maßnahmen ohnehin keine Chance hat, die Klimaziele 2030 zu erreichen.

Das, was Greta Thunberg mutig fordert, ist absolut richtig – „Ihr müsst nicht auf uns hören, wir sind nur Kinder. Aber ihr müsst auf die Wissenschaft hören!“ und die Wissenschaft sagt in erdrückender Mehrheit bereits seit Jahrzehnten, dass wir gerade dabei sind, diesen Planeten zu zerstören und auf mittlere Sicht unbewohnbar zu machen. Angela Merkels schwammiges „Wir müssen alle mitnehmen, auch die Klimaskeptiker“ war dann aber ziemlich genau das Gegenteil dessen, was Greta Thunberg gerne gehört hätte – denn für sie ist die Frage des Klimawandels keine Frage der Ideologie, sondern der wissenschaftlichen Tatsachen.

Wir stehen vor einem Generationswechsel in Politik und Gesellschaft und das wurde in New York einmal mehr deutlich. Während die Politiker der Welt immer noch versuchen, mit kleinen Handgriffen an den Stellschrauben des Klimawandels zu drehen, dabei aber sorgsam darauf achten, vor allem der verschmutzenden Industrie nicht zu nahe zu treten, fordert die Jugend der Welt einen grundlegenden Richtungswechsel. Zur Not auch unter massiven Eingriffen in all die „alternativlosen“ Industrien, die unter dem Hinweis auf Arbeitsplätze weiter verschmutzen, was das Zeug hält und daran ändert auch der Handel mit Verschmutzungsrechten nichts. Was die Welt braucht, ist keine zusätzliche Geldeinnahme durch den Handel mit Verschmutzungsrechten, sondern das Ende der Verschmutzungsrechte. Solange Unternehmen vor der Wahl stehen, entweder in saubere Umweltanlagen zu investieren oder kostengünstiger Verschmutzungsrechte zu erwerben, werden sie weiter ihr CO2 in die Luft blasen und mit Genehmigung der Politik die Zerstörung des Planeten weitertreiben.

„Der Maßstab für künftiges Handeln muss das Pariser Klimaabkommen sein“, sagte Angela Merkel salbungsvoll. Ach ja? Ein Abkommen, an das sich bislang kein einziger der Unterzeichner-Staaten hält? How dare you?!

Der „Rumble“ zwischen Angela Merkel, die den Spagat zwischen Klimarettung und Beibehaltung des neoliberalen Wild-West-Kapitalismus auch nicht schaffen wird und Greta Thunberg endete mit einem klaren Punktsieg für die Jugend. Es ist Zeit, dass die realpolitischen Krokodile endlich abtreten und den Weg für eine neue Politik freimachen, bei der nicht die Interessen der Aktionäre und der „Finanzmärkte“ im Vordergrund stehen, sondern das berechtigte Interesse der Jugend der Welt, auch morgen noch auf diesem Planeten leben zu können.

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