Antwerpen ist überall

Die Stadt Antwerpen hat ihre Corona-Maßnahmen deutlich verschärft. Inklusive nächtlicher Ausgangssperre. Denn nach wie vor grassiert das Virus SARS-CoV-2 in Belgien.

Antwerpen isoliert sich - die Stadt ist der Corona-Hot-Spot Nummer 1 in Belgien. Foto: Qwertzu111111 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Nach wie vor ist Belgien das Land mit den proportional höchsten Covid-Opferzahlen der Welt. Bei 66.000 nachgewiesenen Covid-Fällen starben 9.821 Menschen. Von den aktuellen Neuinfektionen entfallen 47 % auf die Region Antwerpen im Norden des Landes. Grund genug für die belgische Regierung, verschiedene neue Restriktionen zu erlassen, wie beispielsweise die Maskenpflicht an belebten öffentlichen Plätzen, in Einkaufsstraßen und überall dort, wo viele Menschen zusammenkommen. Doch Antwerpens Bürgermeister Bart De Wever gehen diese Maßnahmen nicht weit genug. Ab heute gelten in der Stadt der Diamantschleifer deutlich schärfere Regeln als im Rest des Landes.

Antwerpen isoliert sich, um der steigenden Zahl an Neuinfektionen etwas entgegen zu setzen. So herrscht seit der Nacht zwischen 23:30 Uhr und 6:00 Uhr morgens eine strikte Ausgangssperre – die Antwerpener müssen in ihren Häusern und Wohnungen bleiben und damit sie keinen Grund haben, diese Ausgangssperre zu umgehen, müssen alle Restaurants und Bars pünktlich um 23 Uhr schließen.

Dazu kommen verschiedene weitere Maßnahmen. Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, ein „Home-Office-Gebot“ („überall, wo das möglich ist und die Arbeitgeber es erlauben“), eine deutliche Einschränkung der Versammlungsfreiheit (nur noch Treffen von maximal 5 Personen; zuvor durften sich bis zu 15 Menschen treffen). Einkäufe dürfen nur noch alleine getätigt werden und die Dauer des Einkaufs darf 30 Minuten nicht überschreiten – eine herbe Regelung für alleinerziehende Eltern.

Spinnen die Belgier? Absolut nicht – die Infektionszahlen der Hafenstadt steigen rapide an und Nichtstun löst diese Problematik auch nicht. Auch, wenn sich zahlreiche Proteste gegen die sommerliche und nächtliche Ausgangssperre regen, so bleibt OB Bart De Wever nicht viel anderes übrig als die Maßnahmen zu verschärfen. Angesichts der unerklärlich hohen Opferzahlen in Belgien wäre die Alternative ein Lockdown des ganzen Landes gewesen.

Und während andere Regionen händeringend um den Besuch von Touristen flehen, ist die Ansage in der Provinz Antwerpen das genaue Gegenteil. Deren Präsidentin Cathy Berx forderte nicht nur die Bevölkerung auf, keine Partys zu feiern und möglichst daheim zu bleiben, sondern bat Menschen von außerhalb der Provinz, dieser tunlichst fernzubleiben.

Antwerpen steht nicht alleine da. Fast überall in Europa und auf der Welt werden gerade Lockerungs-Maßnahmen zurückgenommen, neue eingezogen und fast überall steigen wieder die Fallzahlen. Die Urlaubswelle erweist sich als tragisch, denn einerseits wird das Virus gerade in die entlegensten Flecken Europas getragen, die Covid-Beschränkungen mit den erforderlichen Maßnahmen sorgen dafür, dass die Tourismus-Industrie nicht profitabel funktionieren kann und da ist es nachvollziehbar, dass die Stadt reagiert.

Das, was gerade in Antwerpen passiert, ist jederzeit an jedem beliebigen Ort Europas und der Welt vorstellbar. 711 Neuinfektionen in der letzten Woche zeigen, dass dieses Virus noch hochaktiv ist. Viele andere Regionen und Länder melden ebenfalls steigende Zahlen und reagieren entsprechend.

Antwerpen wird damit zu einem aufmerksam beobachteten Experiment werden – kann ein lokaler oder regionaler Lockdown die Verbreitung des Virus bremsen? Das Beispiel Antwerpen wird wichtige Erkenntnisse für die immer zahlreicheren neuen Cluster erbringen – in der Hoffnung, dass endlich eine der vielen Maßnahmen greifbare Ergebnisse liefert.

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