Aristocats, die Humanversion

In London wurden Charles III und Camilla Parker-Bowles zu König und Königin gekrönt. Die Zeremonie produzierte wunderbare WorldVision-Bilder und nur David Bowie fehlte.

"Und, sitzt sie richtig? Dann nicht mehr bewegen!" - eine Krone tragen ist auch keine leichte Aufgabe... Foto: ScS EJ

(KL) – Wie sang einst David Bowie? „I, I will be King, and you, you’ll be my Queen“ und den Song hätte man gerne in Westminster Abbey gehört. Gab’s aber nicht. Machte nichts, die Krönung war auch ohne so schön wie ein Disney-Film, Aristocats, Anastasia und Bernhard & Bianca in einem. So richtig wichtig war’s eigentlich nicht, denn der britische König hat ja gar nichts zu melden, wie man unschwer am „Brexit“ erkennen konnte, den die damals amtierende Queen gar nicht wollte, aber nicht verhindern konnte. Denn in einer parlamentarischen Monarchie hat der Monarch eben nichts zu sagen, sondern ist eine Art gehobener Grüßonkel. Aber schön war’s doch und die Welt konnte einen halben Tag lang Krieg, Not und Elend vergessen. Denn, hach, war das schön!

Aufgrund der Langlebigkeit von Queen Elisabeth II. und der immer geringer werdenden Zahl von Königen und Kaisern auf dieser Welt hatten die meisten TV-Zuschauer noch nie eine Krönung gesehen. In echt und live. Was für eine Show! So kompliziert, dass die Akteure ihre Texte während der ganzen Zeremonie auf Spickzetteln vor die Nase gehalten bekommen mussten, denn ansonsten wäre die ganze Krönung irgendwann auf Sand gelaufen.

Toll, wie so eine Zeremonie abläuft! Da wird gebetet, gesungen, der König wird in witzigen Gewändern verkleidet, die mehrfach während der Show gewechselt werden, zwischendurch wird eine Art improvisierte Pixie-Kabine auf der Bühne installiert, damit der König abseits neugieriger Blicke gesalbt werden kann, dann bekommt er Reichsapfel und gleich zwei Zepter, einen hübschen Ring, Schwerter (und weltweit fragten sich die Zuschauer, ob wenigstens eines davon Excalibur war) und seine Krone. Wow, was für eine Krone! Und dann wurde in der Kirche mehrfach in die Runde gefragt, ob man denn den neuen König anerkennen würde und immer wieder wurde das durch ein geschmettertes „God save the King“ beantwortet. Und da es kein einziges „Öh, vielleicht doch lieber nicht gab“, nicht einmal vom auf die billigen Plätze verbannten Harry, lief die Zeremonie reibungslos durch.

Bei Camilla Parker-Bowles, der Schutzheiligen aller heimlichen Affären, ging es schneller, zack, zack, Krone auf den Deckel und gut war’s. Aber das war, Wokismus hin, Wokismus her, nicht so schlimm, denn bei der Show gestern hatte Camilla nur die Nebenrolle und Charles war der Star und ehrlich, da hatte er nun auch lange genug drauf gewartet. Ende gut, alles gut.

Dass die royale Familie nicht viel mehr ist als ein teures Hobby, das sich die Briten leisten, war gestern egal. Und so ganz nutzlos ist dieses Hobby dann auch wieder nicht, was allerdings Menschen, die nicht in Monarchien leben, kaum verstehen können. Denn trotz all ihrer politischen Nutzlosigkeit sind parlamentarische Monarchen wie Charles III eine Art Mörtel der Gesellschaft, ein Stützpfeiler, um den herum sich in Krisenzeiten das Volk schart, der Garant des gesellschaftlichen Zusammenhalts, so etwas wie ein Übervater des Landes. Und nein, das muss jetzt nicht gegendert werden, denn Großbritannien hatte gerade erst 70 Jahre lang eine Königin und da hatte es ja auch niemand für nötig gehalten, den britischen Thron etwas männlich einzugendern.

Und so wurden einen halben Tag lang aus der Zeit gefallene Bilder produziert, etwa von einem Königspaar, dass in einer fast 300 Jahre alten güldenen Kalesche durch die Straßen rollte und den Plebs huldvoll grüßte. Das übertraf selbst die alle paar Jahre stattfindenden „Hochzeiten des Jahrhunderts“, zu denen die jeweiligen Brautleute heutzutage in gepanzerten Luxuslimousinen vorgefahren werden. Da hatte die Kalesche aber schon einen ganz anderen Stil.

So, und das war’s. Die Briten haben einen gesalbten und gekrönten König samt Königin, wir hatten einen hübschen Disney-Film und einen halben Tag Ruhe vor dem ganzen Weltenschmutz. Also dann – God save the King!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste