Auf dem Weg zur neuen ostfranzösischen Großregion

In Straßburg trafen sich die Bürgermeister der großen Städte der neuen Region ALCA – und stellen übereinstimmend fest, dass sie noch in nichts übereinstimmen.

Die Annäherung zwischen den Städten der neuen Region ALCA wird ganz schön schwierig werden... Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL/CTN) – Dass die Verhandlungen über die Verteilung der Verwaltungen in der neuen ostfranzösischen Großregion schwierig werden würden, war klar. Denn diese neue Region, die aus dem Elsass, Lothringen und der Champagne-Ardenne besteht, muss sich nun neu organisieren, es werden Verwaltungen zusammengefasst und alle Städte befürchten, dass sie bei der Umgestaltung übergangen werden könnten. In Straßburg trafen sich nun die Bürgermeister der großen Städte und die Präsidenten der Stadtgemeinschaften dieser neuen Region, um sich kennenzulernen und um zu testen, in welchen Punkten man schnell Einigungen erzielen könnte. Doch das wird schwierig.

„Wir hatten ein herzliches Treffen und Gespräche in einer offenen Atmosphäre“, freute sich der Straßburger OB Roland Ries nach dem Treffen, was in Politikersprech ungefähr so viel bedeutet, wie das die Gespräche in eisiger Atmosphäre abliefen, es aber nicht zu handgreiflichen Auseinandersetzungen kam. Immerhin. Ansonsten ist man sich lediglich einig, dass man sich nicht einig ist.

Wie auch? Bislang kann man sich nicht einmal über die Definition der neuen Zuständigkeiten verständigen. Der Umstand, dass das französische Parlament die Stadt Straßburg zum „Regierungssitz“ (chef-lieu) der neuen Superregion bestimmt hat, bedeutet noch gar nichts. Denn inzwischen streiten sich die großen Städte darum, wer „Hauptstadt“ von ALCA werden soll. Was aber ist der Unterschied zwischen beiden? Die holländische Variante, mit einer Stadt als repräsentativem Sitz der Regierung und einer anderen als Sitz der entscheidenden Organe? Fragen über Fragen.

Dazu werden sich alle erst einmal an die neue Konfiguration gewöhnen müssen. Für die Menschen in Städten wie Chalons-en-Champagne, Troyes oder Reims ist die Vorstellung, dass für sie zuständige Verwaltungen in Mulhouse oder Colmar sitzen sollen, ebenso abenteuerlich wie umgekehrt. Vermutlich gibt es sogar Menschen im Elsass, die Schwierigkeiten hätten, Charleville-Mézières auf einer Landkarte zu verorten – dabei gehören auch diese Städte ab sofort zu ein und derselben Region.

Und die Streitereien um den Sitz der „Hauptstadt“? Welche Funktion soll diese „Hauptstadt“ haben? Sitz des Parlaments? Der zentralen Verwaltung? Residenz des künftigen Präsidenten dieser Region? Und wer soll es werden? Reims, aufgrund der Nähe zu Paris? Metz, weil die Stadt ziemlich in der Mitte der neuen Region liegt? Straßburg mit seiner weltweiten Ausstrahlung? Und natürlich findet jeder, dass seine Stadt die idealen Voraussetzungen mitbringt, um die wichtigste Stadt der Region ALCA zu werden. Was spannende Diskussionen und Verhandlungen verspricht…

Sogar eine „Gemeinsame Erklärung“ unterzeichneten die Teilnehmer des Straßburger Treffens und versprachen in dieser Erklärung, dass sie auch weiterhin miteinander reden wollen. Das ist ja schon mal was. Und auch, wenn sich diese Erklärung mehr wie ein politisches Ritual liest, enthält sie doch ein paar Informationen. Zum Beispiel ein Bekenntnis zur europäischen Ausrichtung der neuen Region ALCA und die Absicht, mit den Nachbarn in Belgien, Luxemburg, Deutschland und der Schweiz eine gemeinsame, europäische Region auf die Beine zu stellen. Offenbar ist den Verantwortlichen der Region klar, dass die Voraussetzung einer positiven Entwicklung die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn ist. Was diejenigen beruhigen sollte, die befürchteten, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit in der neuen Konfiguration leiden könnte.

Die nächsten Treffen sind bereits verabredet – eines in Chalons-en-Champagne und eines in Metz. So dass sich die Lokalpolitiker einmal anschauen können, wo unsere neuen Partner eigentlich leben. So ergebnislos dieses erste Treffen auch verlief, es war der Startpunkt für einen Austausch, der darauf abzielt, die neue Region zu organisieren. Und mit einer positiven Attitüde nach vorne zu schauen. Doch, wie auch Roland Ries am Ende des Treffens sagte, „der Weg ist noch weit“. Doch wie sagte ein griechischer Philosoph? Der Mensch wächst an seinen Aufgaben…

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