Auf den letzten Drücker…

Die britische Justiz hat im letzten Moment die Kurve gekriegt und verweigert die Auslieferung von Julian Assange an die USA. Dass dabei „sanitäre Gründe“ im Vordergrund standen und nicht die Pressefreiheit, ist momentan zweitrangig.

Gejubelt wird erst, wenn Julian Assange wirklich wieder frei ist! Foto: Ministerio de Cultura de la Nacion Argentina / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Die Briten sind schon ein seltsames Volk. Da foltern sie erst den Whistleblower Julian Assange über Jahre hinweg, nur um dann seinen durch die Folter geschwächten Zustand als Vorwand zu nennen, um eine Auslieferung an die USA abzulehnen. Angesichts der 175 Jahre Gefängnis, die Assange in einem Schauprozess erwartet hätten, ist der Grund, mit dem die Auslieferung verweigert wurde, zweitrangig. Natürlich hätten sich die meisten Beobachter gewünscht, dass dieser Prozess mit einem flammenden Statement zum Thema „Pressefreiheit“ geendet hätte, aber Hauptsache, dass die Amerikaner Julian Assange nicht in die Hände bekommen.

Dass die Richterin Vanessa Baraitser zu der Entscheidung kam, dass der „psychologische Zustand Assanges inkompatibel mit einer Auslieferung in die USA sei“, war überraschend. Baraitser war ein zweifelhaftes Element in diesem Prozess, in dem zahlreiche Akteure sehr eigene Interessen auf dem Rücken Assanges verteidigten. Doch, wie gesagt, einzig das Ergebnis zählt jetzt.

Dass die gleiche Richterin Vanessa Baraitser in der Urteilsbegründung angab, dass nicht etwa die Verteidigung der Pressefreiheit einer Auslieferung in die USA entgegen stünde, sondern der eben von den Briten selbst herbei geführte psychologische Zustand Assanges, muss als Versuch gewertet werden, einen Gesichtsverlust der Amerikaner zu vermeiden. Dafür, offen für die Verteidigung der Pressefreiheit einzutreten, dafür reichte es dann doch nicht.

So entkräftete Vanessa Baraitser auch am entscheidenden Verhandlungstag sämtliche inhaltlichen Argumente der Verteidigung Assanges, was die Prozessbeobachter bereits das Schlimmste befürchten ließ. Doch dann stieg Baraitser in das Thema des psychologischen Zustands Assanges ein und das war die Lösung.

Aber, in Freiheit ist Julian Assange noch nicht. Nach der Urteilsverkündung musste er ins Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh zurück und seine Anwälte werden einen Antrag auf Freilassung auf Kaution stellen, über den wohl am Mittwoch entschieden wird. Gleichzeitig legte die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil ein und unterstrich dabei, dass Richterin Baraitser den USA im Grundsatz Recht gegeben hatte. Nun besteht aber berechtigte Hoffnung, dass Assange frei kommt und dann sollte alle aufrechten Regierungen der Welt alles daran setzen, Assange die Rückkehr nach Australien oder in ein anderes Land zu ermöglichen. Aber immerhin – das hätte auch ganz anders ausgehen können…

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