Auf der Zielgeraden

Bei der anstehenden Parlamentswahl in Frankreich könnte Präsident Macron sogar eine 2/3-Mehrheit erringen. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0

Wenige Tage vor dem ersten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen steht Frankreich vor einer erneuten Revolution. Nämlich der Abschaffung der ehemaligen Volksparteien.

(KL) – Seit Beginn der V. Französischen Republik kennt man bei unseren Nachbarn eine Art „duales Politiksystem“ – entweder regiert die linke PS, oder aber die rechte Partei „Les Républicains“, die im Laufe der Jahre ständig ihren Namen, nicht aber ihre Inhalte geändert hat. Damit ist es nun vorbei. Alle Umfragen sagen einen erdrutschartigen Sieg der neuen politischen Partei des frisch gewählten Präsidenten Emmanuel Macron („La République en Marche“ – LREM) bei den anstehenden Parlamentswahlen in Frankreich voraus.

Eine IPSOS-Umfrage zeigt, dass in Frankreich gerade ein „Umsturz“ stattfindet. Bis zu 425 der 577 Sitze in der neuen Assemblée Nationale könnte LREM erringen, also eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die dem neuen Präsidenten Macron ermöglichen würde, jede Reform durchzusetzen, die er durchsetzen möchte.

Gleichzeitig stellt dieser politische Erdrutsch aber auch eine Götterdämmerung der früheren Volksparteien dar, die im Laufe dieser Entwicklung schlicht und ergreifend von der politischen Bildfläche verschwinden könnten. Dies würde faktisch das Ende der V. Republik und seiner politischen Dualität bedeuten und könnte für Frankreich eine enorme Chance darstellen, sich politisch und gesellschaftlich von Grund auf zu reformieren und zu modernisieren.

Politiker aus allen Lagern sind scharenweise zu Macron und LREM übergelaufen und haben damit selbst das Ende ihrer eigenen politischen Formationen eingeläutet. Gleichzeitig erkennt man aber auch, dass sich die traditionellen Parteien völlig überholt haben verkrustete Parteiapparate mit ihren lähmenden Prozeduren nicht mehr einer Welt im schnellen Wandel entsprechen. Es geht in den Parteizentralen schon lange nicht mehr um Inhalte, Positionen und politische Projekte, sondern vor allem um persönliche Macht.

Ob Emmanuel Macron seine Versprechen halten und Frankreich modernisieren wird, bleibt abzuwarten und viele Beobachter haben nach wie vor massive Zweifel an der Politik, die Macron führen will. Doch entsteht gerade eine Situation, in der Macron alle Fäden in der Hand hält, um eine mutige Politik zu führen und umfassende Reformen einzuleiten. In welche Richtung diese Reformen gehen werden, wird man sehen. Nur eines ist klar – Macron wird liefern müssen, denn die Franzosen drücken ihm gerade auf sein Versprechen, alles anders machen zu wollen, die Schlüssel des Landes in die Hand. Spannende Zeiten warten auf unsere französischen Nachbarn.

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