Aus AstraZeneca wird „Vaxzevria“

Raider heißt jetzt Twix. Aber es ist immer noch der gleiche Schokoriegel. AstraZeneca heißt jetzt Vaxzevria. Aber es ist immer noch der gleiche Impfstoff darin. Und das soll uns nun in Sicherheit wiegen?

Das wird ein öder Job, die AstraZeneca-Etiketten durch welche mit "Vaxzveria" zu ersetzen... Foto: Gencat / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Seit Beginn der Impfkampagnen gab es Schwierigkeiten mit dem Impfstoff AstraZeneca, die es mit anderen Vakzinen nicht gab. Mal gab es allergische Reaktionen, mal gab es Thrombosen, mal eignete sich der Impfstoff nur für bestimmte Altersklassen, dann wurde das Vakzin vorübergehend ausgesetzt, wieder genehmigt und dann in einige Ländern wieder ausgesetzt. Warum das so ist, das ist momentan noch schwer zu sagen, die wüstesten Theorien ranken sich bereits um das britisch-schwedische Vakzin. Von den Lieferschwierigkeiten der Impfdosen ganz zu schweigen. Angesichts der schlechten Presse für diesen Impfstoff hat der Hersteller nun reagiert. Aus „AstraZeneca“ wird „Vaxzevria“. Und wir sind alle aufgefordert, die Geschichte von AstraZeneca zu vergessen und ab sofort vollstes Vertrauen in Vaxzevria zu haben. Na dann…

Wesentlich sinnvoller als die Umbenennung des Vakzins wäre es gewesen, eine offene und transparente Kommunikation über die Geschehnisse rund um AstraZeneca zu präsentieren. Die Verunsicherung ist groß und wenn trotz der erneuten Genehmigung durch die europäischen Behörden einige Länder das Vakzin immer noch nicht wieder verwenden, andere den Einsatz erneut auf bestimmte Altersklassen begrenzen, dann ist nachvollziehbar, dass die Menschen und selbst Regierungen ein mulmiges Gefühl bei AstraZeneca haben. Und das werden sie auch bei Vaxzevria haben, so lange die offenen Fragen nicht geklärt sind.

Ob AstraZeneca oder Vaxzevria ein sicherer Impfstoff ist, können Journalisten ebenso wenig beurteilen wie Fachärzte. Also muss man die Zahlen bemühen. Alleine in Deutschland wurden bislang 2,7 Millionen Dosen AstraZeneca verabreicht. Dabei kam es zu 31 Fällen schwerer Nebenwirkungen, von denen 9 tödlich verliefen. Dazu stellte man in 19 Fällen eine Abnahme der Blutplättchen fest. Nur – 31 Fälle schwerer Nebenwirkungen, so tragisch diese für die Betroffenen auch sind, bei 2,7 Millionen Dosen, das liegt eher im untersten Bereich von Nebenwirkungen von Medikamenten. Hat man das ganze AstraZeneca-Theater wirklich wegen 31 Fällen von Nebenwirkungen veranstaltet? Oder sind diese 31 Fälle nur die Spitze des Eisbergs?

Die Umbenennung in Vaxzevria wird diese Unsicherheiten nicht aus der Welt schaffen können und es ist fast schon ein wenig beleidigend, dass uns die Marketing-Experten von AstraZeneca offenbar für so blöde halten, dass sie davon ausgehen, dass wir alle zusammen den Namen „AstraZeneca“ schon bald vergessen haben werden.

Nach der Umbenennung von „Raider“ in „Twix“, die aufgrund von Namensrechten zwischen verfeindeten Familienzweigen der Hersteller erfolgte, dauerte es Jahre, bis sich die Verbraucher daran gewöhnt hatten, die neue Bezeichnung zu verwenden. Auch Jahre nach der Umbenennung konnten Kunden am Kiosk ein „Raider“ verlangen und bekamen von den Verkäufern anstandslos ein „Twix“ in die Hand gedrückt.

Gehen wir also mal davon aus, dass die Menschen in den nächsten Wochen nicht unbedingt vergessen haben werden, dass „Vaxzevria“ immer noch der gleiche Impfstoff ist wie „AstraZeneca“. Und den Marketing-Experten des Herstellers möchte man raten, einfach ehrlich und transparent zu kommunizieren, statt mit Strategien aus dem Lebensmittelbereich zu experimentieren. Die Situation ist zu ernst, als dass man die Menschen mit solchen billigen Tricks zu beruhigen versucht. Denn solche „Bauernfängertricks“ steigern nicht etwa das Vertrauen in das Vakzin, sondern erschüttern es weiter.

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