Ausgerechnet am 8. März…

… ging die Nachricht um die Welt, dass sich Prinz Andrew vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen freikauft. Eine seltsame Lektion: „Wer genug Geld und Macht hat, kann sich alles erlauben“…

Prinz Andrew - für 12 Millionen Euro sexuellen Missbrauch Minderjâhriger gekauft... Foto: Chatham House / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Es kann kein Zufall sein, dass die Nachricht von Einstellung des Verfahrens wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen gegen Prinz Andrew ausgerechnet am 8. März um die Welt ging. Am Tag, an dem die Welt vom Kampf der Frauen für gleiche Rechte spricht, ist die Einstellung dieses Verfahrens gegen die Zahlung von 12 Millionen Euro, ein Skandal. Dass Prinz Andrew dadurch zu einer weltweiten Persona non Grata wird, ist eine Sache. Dass er sich von seinen Verfehlungen freikaufen kann, ist ein ganz schlechtes Zeichen, denn dieser Skandal erzählt davon, dass vor dem Gesetz eben doch einige gleicher sind als andere. Wäre Prinz Andrew nicht Prinz Andrew, säße er jetzt vermutlich im Gefängnis, wie seine Freunde Weinstein oder Epstein, bevor dieser unter nicht geklärten Umständen in seiner Zelle ums Leben kam. Doch wie will man glaubwürdig für die Rechte von Frauen eintreten, wenn sexuelle Gewalt keine Frage des Rechts und der Moral, sondern des Geldbeutels ist?

Alle haben sich große Mühe gegeben, dem Prinzen „die Peinlichkeit eines öffentlichen Verfahrens“ zu ersparen. Aber warum eigentlich? Ist blaues Blut ein Freibrief für sexuelle Gewalt? Wäre es nicht ein deutlich stärkeres Zeichen gewesen, dass es der Welt mit dem Kampf für Frauenrechte und gegen sexuelle Gewalt ernst ist, hätte man den Prinzen, der bis heute die Vorwürfe bestreitet, tatsächlich vor Gericht gestellt? Und wie glaubwürdig ist es, dass er die Aussagen seines Opfers als unglaubwürdig darstellt, aber gleichzeitig 12 Millionen Pfund aus der Familienkasse auf den Tisch legt, damit es nicht zu einem Verfahren kommt? Den Deckmantel des Schweigens hat dieses Verfahren schon lange nicht mehr, was bedeutet, dass die Windsors 12 Millionen auf den Tisch legen, damit die Einzelheiten nicht in einem öffentlichen Verfahren bekannt werden. Es gab schon Unschuldsbeteuerungen, die glaubwürdiger waren.

Es geht inzwischen sogar so weit, dass viele Medien auf die Prinz-Andrew-Tränendrüse drücken. Der arme Kerl musste seine Ehrentitel, Schirmherrschaften, Ehrenbürgerschaften und militärischen Ränge abgeben. Da gilt es allerdings, sich jede Form des Mitgefühls zu verkneifen. Die Sexpartys der oberen 10.000, ob nun „Bung-Bunga-Partys“ à la Berlusconi oder die Partys von Jeffrey Epstein, sind ein Auswuchs der gelangweilten Perversion der Superreichen und Mächtigen, interessanterweise fast systematisch mit Minderjährigen, und im Grunde gibt es keine vernünftige Erklärung dafür, dass man diesen Straftätern gegen Zahlung von Millionenbeträgen die „Peinlichkeit eines öffentlichen Verfahrens“ schenkt.

Hatte noch jemand Zweifel daran, dass man „Recht“ kaufen kann, wenn man nur genügend Geld auf den Tisch legt? Prinz Andrew kommt also straffrei aus der Geschichte heraus, Opfer Virginia Giuffre hat den goldenen Schnitt gemacht und finanziell ausgesorgt und Opfer und Täter können mit diesem Ausgang des nicht stattgefundenen Verfahrens zufrieden sein. Doch für die Öffentlichkeit bleibt ein schaler Geschmack. Die Erkenntnis, dass man „Recht“ kaufen kann, wenn nur der Preis stimmt, wirft ein ganz schlechtes Licht auf die Justiz, zumal die Akte „Prinz Andrew“ kein Einzelfall ist. Am 8. März hätte man sich eigentlich eher die Schlagzeile gewünscht „Prinz Andrew muss sich vor Gericht verantworten“, denn das wäre ein Signal gewesen, dass sexuelle Gewalt kein Kavaliersdelikt ist, sondern ein Verbrechen, das unter allen Umständen verfolgt wird. Stattdessen haben wir am 8. März den Nachweis erhalten, dass die Justiz käuflich ist und dass sexuelle Gewalt nicht so schlimm ist, dass Täter dafür systematisch bestraft werden. So richtig verwundern kann das zwar nicht, doch die Unverfrorenheit, mit der Prinz Andrew seinen „Promi-Bonus“ gezogen hat, ist erschreckend. Und für die arme Queen Elizabeth II wird wohl auch 2022 zu einem neuerlichen „annus horribilis“ werden…

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