Ausnahmezustand in Frankreich

Nach dem in Frankreich nach den Attentaten von Paris ausgerufenen Ausnahmezustand und der aktuellen Streikwelle, kommt es knüppeldick – die EM startet.

Da hilft auch alles Grinsen des Maskottchens nicht - die EURO 2016 wird eine nervöse Angelegenheit werden. Foto: Daunpoker / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Ab heute möchte man nicht mit einem französischen Polizisten tauschen. Seit Monaten operieren die Sicherheitskräfte am Rande der Erschöpfung, patrouillieren in den Städten und an den Grenzen, müssen Sonderschichten fahren und sind chronisch unterbesetzt. Dann kam der Arbeitskampf um das neue Arbeitsgesetz mit massiven und heftigen Straßenschlachten, bei denen sich zeigte, dass die Polizei bereits derart am Anschlag ist, dass es auch von ihrer Seite zu nervösen Überreaktionen kam. Und als ob das nicht reicht, beginnt heute in Frankreich die EM – und die Polizei muss Millionen angeheiterter Fussballfans im Zaum halten und darauf achten, dass keine Terroristen das Fussballfest als Zielscheibe nehmen. Ein bisschen viel auf einmal.

Na klar, seit wir uns in Europa immer mehr mit dem Thema „Terrorismus“ beschäftigen müssen, hat sich das nachvollziehbare und trotzige „wir lassen uns unser Leben nicht von Terroristen diktieren“ eingebürgert. Natürlich will sich niemand sein Leben von einer Gruppe fanatischer Terroristen diktieren lassen, doch ist die Situation in Frankreich in diesen Tagen mehr als unübersichtlich. Im Vorfeld der EM berichteten Verantwortliche der Geheimdienste über neue Anschlagstaktiken der Terroristen und teilten mit, dass es Hinweise auf mögliche Anschläge gäbe. Was eigentlich wenig überraschend ist, wenn man sich an die TV-Übertragung des Spiels Frankreich – Deutschland am 13. November 2015 erinnert.

Aber wo verläuft die Grenze zwischen Trotz, Lebensfreude und Unvernunft? Niemand kann es im Moment sagen, man kann nur hoffen, dass die vier Wochen EM in Frankreich und anderswo friedlich verlaufen. Doch wird es ein unbeschwertes Fussballfest? Nein. Natürlich nicht. Doch absagen wollte niemand dieses Megaspektakel – es steckt einfach zuviel Geld in dieser EURO 2016, als das jemand auf die Idee käme, so eine Veranstaltung abzusagen.

Das Wissen, dass die französischen Sicherheitskräfte bereits vor dem Start der EURO 2016 überfordert und übermüdet sind, ist kein gutes Zeichen – denn um alle Anforderungen auf einmal zu bewältigen, müssten die Sicherheitskräfte in Topform sein – und das sind sie nicht.

Und irgendwie ist bei dieser EURO 2016 alles etwas anders, auch, wenn sich alle Mühe geben, es zu einem großen, kommerziellen Fest ausarten zu lassen. Zum ersten Mal in vielen Jahrzehnten überkommt den Autor dieser Zeilen etwas anderes als aufgeregte Vorfreude auf einen Megafussballevent – das Gefühl, dieses Mal einfach keine Lust drauf zu haben…

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