Aussitzen, Aussitzen, Aussitzen – der BND-Skandal ist schon fast vergessen

Das hat Angela Merkel von Helmut Kohl gelernt – wenn es eng wird, hält man sich bedeckt und wartet, dass der Sturm vorbei zieht. Wie auch im BND-Skandal.

"Schweigen Sie! Nehmen Sie sich in Acht! Die Ohren des Feindes hören mit." Dieses Plakat von 1915 ist 100 Jahre später wieder aktuell... Foto: Wikimedia Commons / PD

(KL) – Es passierte in aller Öffentlichkeit. Die Kanzlerin Angela Merkel wurde praktisch mit der Hand in der Keksdose erwischt – seit Jahren spioniert der Bundesnachrichtendienst BND europäische Partner und Unternehmen aus, weil die USA gerne geheime Informationen haben wollten. Nach den ersten Enthüllungen von Edward Snowden hatte Angela Merkel noch entrüstet gesagt, dass Ausspähen unter Freunden gar nicht ginge – ging aber doch. Nachdem die Wellen zunächst hoch schlugen, ebbt der Skandal langsam ab und versinkt in uninteressanten technischen Details – genau so, wie Angela Merkel es will. Denn nur so kann sie sichergehen, dass das deutsche Wahlvolk bis zum nächsten Wahltermin alles vergessen und vergeben haben wird.

Es ist schon unglaublich, dass die Kanzlerin es schafft, durch diesen Skandal zu segeln, ohne ein einziges Mal öffentlich Stellung zu nehmen, ohne auf Fragen zu antworten, ohne sich der Verantwortung zu stellen, dass unter ihrer Oberaufsicht deutsche Nachrichtendienste die französische Regierung, die EU-Kommission und europäische Unternehmen ausgespäht haben – im Auftrag einer fremden macht. Jeder leitende Angestellte in einem Unternehmen würde bei ähnlichen Vorwürfen entlassen werden und hätte die Staatsanwaltschaft auf dem Hals. Nicht so Angela Merkel. Die sagt gar nichts und tut so, als ginge sie dieser Skandal nichts an.

Wahrscheinlich wird sie mit der Kohl’schen Taktik auch davonkommen. Denn während nun diskutiert wird, wer welche Teile der berühmten „Selektoren-Liste“ anschauen darf und wer nicht, ob man die Genehmigung der USA braucht, um diese Informationen dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorzulegen oder nicht, entfällt die politische Bewertung dieses Vorgangs. Am Ende wird man zwei oder drei subalterne Bauernopfer entlassen, niemand wird politische Verantwortung übernehmen und alles wird wieder prima sein im 51. Staat der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Denn die weltweite Nachrichtenlage ist heutzutage so, dass Skandale wie der BND/NSA-Skandal innerhalb weniger Tage von den Bildschirmen verschwinden und von anderen Themen abgelöst werden. Je länger sich nun die Gespräche und Verhandlungen zwischen der Regierung, dem Untersuchungsausschuss, dem BND, den Amerikanern und allen anderen hinziehen, desto unwahrscheinlicher wird eine Aufklärung werden. Denn in der Zwischenzeit hat der BND genug Zeit, seine Bauernopfer zu präparieren, Fragen und gewünschte Antworten vor dem Untersuchungsausschuss mit dem Kanzleramt abzustimmen und gemeinsam werden sie es schon schaffen, dass am Ende nichts übrig bleibt.

Momentan läuft zwar noch ein kurzes Geplänkel in der Großen Koalition, da SPD-Chef Sigmar Gabriel gerne ein wenig politisches Kapital aus der Geschichte schlagen will, doch das wird auch nicht hinhauen, weil ihn sein Parteifreund und Außenminister Frank-Walter Steinmeier dabei in den Arm fällt. Vermutlich weil er genau weiß, dass diese Praktiken auch bereits unter SPD-Regierungen an der Tagesordnung waren. Also spielen alle zusammen auf Zeit und werden dafür sorgen, dass dieser ungeheuerliche Vorgang ganz schnell in Vergessenheit gerät.

Dass wir Wählerinnen und Wähler keinerlei Konsequenzen aus solchen Skandalen ziehen, sondern weiterhin brav unser Kreuzchen dort machen, wo wir es immer schon hingesetzt haben, ist genau der Grund, warum uns die Politik betrügt, verrät und wie dummes Wahlvolk behandelt. Wer nach diesen Vorgängen weiterhin diejenigen wählt, die deutsche und europäische Interessen an die USA verkaufen, der hat es ehrlich gesagt auch nicht anders verdient. Kein Schwein würde seinen eigenen Metzger wählen – in der Wahlkabine machen viele von uns aber genau das…

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