Ausverkauf an China

Obwohl (fast) alle gegen den Teilverkauf des Hamburger Containerhafens Tollerort sind, zieht Olaf Scholz den Einstieg des chnesischen Giganten in den Hamburger Hafen durch. Warum eigentlich?

Die Cosco-Ozeanriesen wären auch so weiterhin nach Hamburg-Tollerort gekommen... Foto: Hummelhummel / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wie erfolgreich das Konzept „Wandel durch Handel“ tatsächlich ist, erkennt man gerade gut an der Versorgung mit russischen Energieträgern. Die Abhängigkeit, in die sich der Westen von Russland, aber auch von China begeben hat, lähmt heute die gesamte Wirtschaft und sorgt dafür, dass die westlichen Sanktionen in unseren Ländern ebenso heftige Folgen haben wie in Russland selbst. Und in dieser Situation forciert Olaf Scholz gegen die Widerstände der Berliner Koalition den Einstieg des chinesischen Großreeders Cosco in den Hamburger Containerhafen Tollerort?

Tagelang wurde gefeilscht und nur unter Mühen gelang es den Gegnern des Cosco-Engagements in Hamburg, die Höhe der zu verkaufenden Anteile auf 24,9 % zu drücken, so dass Cosco keinen direkten Einfluß auf das operative Geschäft nehmen kann. Theoretisch.

Für die meisten Ministerien zählt der Hamburger Hafen zur „kritischen Infrastruktur“. Kein Wunder, zählt doch der Hamburger Hafen zu den größten Containerhäfen der Welt, der im ständigen Konkurrenzkampf mit Antwerpen und Rotterdam steht. Und genau hier liegt das Problem für Olaf Scholz. Der frühere Bürgermeister Hamburgs befürchtet nämlich, dass Hamburg im Wettbewerb mit Antwerpen und Rotterdam ins Hintertreffen geraten könnte und dass die Chinesen künftig einen Bogen um Hamburg machen könnten. Angesichts des Umstands, dass bereits heute 30 % aller in Hamburg umgeschlagenen Container aus China kommen, versteht man durchaus die Bedeutung des chinesischen Markts für den Hamburger Hafen.

Nur – ein Ausverkauf unserer Infrastrukturen an einen zumindest zuletzt nicht gerade sehr zuverlässigen Partner, ist ein Fehler. Seit dem Parteitag der chinesischen KP vor wenigen Tagen pfeifen es die Spatzen von den Dächern – China wird seinen Anspruch auf Taiwan nicht fallenlassen und es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann die Volksrepublik China militärisch gegen Taiwan vorgehen wird. Die Vorstellung, dass zu diesem Zeitpunkt China alle sensiblen Daten über Warenströme und die weltweite Logistik, aber auch Kundendaten des Hamburger Hafens, einfach abgreifen kann, ist wenig beruhigend.

Es ist auch nicht so, dass der Betreiber des Containerterminals Tollerort, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) Anteile an ihrem Geschäft verkaufen muss, um einer finanziellen Schräglage zu begegnen. Der Verkauf findet aus rein strategischen Gründen statt, die sogar geographischer Natur sind. Antwerpen und Rotterdam, mit ihren gigantischen Hafenanlagen, liegen am offenen Meer, während die Containersschiffe erst rund 100 Kilometer die Elbe hochfahren müssen, um in den Hammburger Hafen zu gelangen. Angesichts der immer größer werdenden Ozeanriesen muss dadurch die Fahrrinne der Elbe immer wieder tiefer ausgebaggert werden, damit diese riesigen Schiffe überhaupt noch in den Hafen kommen. In dieser Wettbewerbssituation wollen die HHLA und Olaf Scholz durch den Cosco-Einstieg in den Hamburger Hafen dafür sorgen, dass auch morgen noch chinesische Container in Hamburg ankommen.

Die Frage steht im Raum, ob hierfür eine finanzielle Beteiligung eines chinesischen Staatsunternehmens am Hamburger Hafen wirklich erforderlich ist. Die Exportnation China kann es sich gar nicht leisten, künftig einen Bogen um Hamburg zu machen, da auch die Kapazitäten in Antwerpen und Rotterdam nicht unbegrenzt erweiterbar sind.

Erstaunlich ist auf jeden Fall, dass dieser Verkauf, gegen den sich nicht weniger als sechs Ministerien ausgesprochen haben und der von fast der ganzen politischen Elite Deutschlands als „riesiger Fehler“ bezeichnet wird, von Olaf Scholz fast brutal durchgezogen wird. Die Begeisterung, mit der sich der Bundesskanzler in die nächste Abhängigkeit von China stürzt, ist verwunderlich. Aber offensichtlich haben wir aus dem Energie-Desaster mit Russland immer noch nichts gelernt.

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