Basel setzt auf volle Freizügigkeit

Im Dreiländereck geht jeder seinen eigenen Weg. Es gibt keinerlei Abstimmung bei der Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen und alle hoffen, dass sie es richtig machen. Und darauf, dass die Besucher aus den Anrainerländern kommen.

In der schönen Stadt Basel will man nur noch eines - Normalität. Foto: patpatpat on flickr. / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Drei Länder, eine Grenzregion, drei verschiedene Lockdown-Ansätze und drei verschiedene Arten, mit der Aufhebung dieser Lockdown-Maßnahmen umzugehen. Die Realitäten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bilden einen scharfen Kontrast zu den schönen Reden der letzten Jahre. Wenn es darauf ankäme, Hand in Hand zu arbeiten, kocht lieber jeder sein eigenes Süppchen.

In Basel geht man am weitesten. Die Maskenpflicht wurde aufgehoben und ab sofort übt man sich in „Normalität“. Auch, wenn es diese „Normalität“ momentan gar nicht geben kann. Die Terrassen und Restaurants in Basel sind wieder fröhlich frequentiert, nur die Abstands-Markierungen auf den Böden der Supermärkte erinnern daran, dass auch in Basel eine sanitäre Krise stattgefunden hat. Dass diese Krise andauert und dass das SARS-CoV-2 immer noch unterwegs ist, das ignoriert man und setzt auf „einen vernünftigen Umgang mit der Situation“. Doch dieser „vernünftige Umgang“ findet nur sehr begrenzt statt. Denn wenn der offizielle Diskurs suggeriert, dass die Krise vorbei sei, warum sollte man sich dann noch an sanitäre Vorgaben halten?

Natürlich wissen wir nicht, ob sich am Ende das Basler, das elsässische oder das badische Modell bei der Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen als das erfolgreichste herausstellen wird. Man kann nur allen drei Regionen von Herzen wünschen, dass sie die richtige Strategie gewählt haben und dass es nicht zu neuen „Clustern“ oder Infektionswellen kommt. Was man aber festhalten muss, ist die völlig unzureichende Kommunikation und Abstimmung – den Traum von einem „gemeinsamen Lebensraum am Oberrhein“ wird man wohl noch einmal neu aufsetzen müssen, denn wenn es darauf ankommt, findet dieser „gemeinsame Lebensraum“ einfach nicht statt. Und das ist ebenso bedauerlich wie bedenklich.

Das hält allerdings weder Basel, noch das Elsass, noch das Badnerland davon ab, ganz heftig darauf zu hoffen, dass nach der Öffnung der Grenzen die Menschenmassen aus den jeweils beiden anderen Ländern kommen und die Konjunktur wieder ankurbeln. Doch die gegenseitigen Besuche dürften sich zunächst auf den Einkauf von Dingen beschränken, die in den anderen Regionen billiger sind und da steht die Schweiz natürlich nicht so sonderlich gut da. Die Besucherströme, wenn sie dann kommen, dürften vor allem in Richtung Badnerland, die dortigen Tabakgeschäfte und die großen Discounter gehen. Ob diese Einkaufstouren noch mit Besuchen der jeweiligen Regionen einhergehen, das wird man sehen.

Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten nicht umhinkommen, diese fehlende Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern des Dreiländerecks genauso zu analysieren wie die zahlreichen Zwischenfälle an der deutsch-französischen Grenze, vor allem im Norden des Elsass, bis hin zur Grenze zwischen Lothringen und dem Saarland. Das Konzept der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, ja selbst der Freundschaft zwischen den Regionen, hat einen schweren Schlag abbekommen und wenn man möchte, dass sich die Dinge wieder einspielen, darf man nicht so tun, als sei während der Zeit der Grenzschließungen nichts passiert. Wir haben in nur drei Monaten vieles von dem verspielt, was zuvor über Jahrzehnte aufgebaut wurde, in erster Linie das gegenseitige Vertrauen. Es ist wie eine Beziehung, die nur dann funktioniert, wenn alles halbwegs in Ordnung ist, die aber bei der ersten Belastungsprobe zerbricht.

Instrumente dieser Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern am Oberrhein gibt es mehr als genug, doch keines dieser Instrumente wurde in der Zeit der geschlossenen Grenzen sinnvoll eingesetzt. Die zahlreichen Beteuerungen lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Politiker*innen haben wenig Wirkung gezeigt und das zeigt deutlich, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in allen Einzelheiten hinterfragt und in vielen Bereichen neu organisiert werden muss.

Wer jetzt einfach zur Tagesordnung zurückkehrt, der hat nicht verstanden, was in den letzten drei Monaten wirklich passiert ist und der wird auch nicht in der Lage sein, entscheidende Dinge so zu reformieren, dass sich diese Situation nicht wiederholen kann. Ein Tipp an alle Kommissionen und Gremien, die nun diskutieren werden – integriert die Zivilgesellschaft in die Debatten und Überlegungen. Denn auch das zeigt die Krise deutlich auf: Ohne die Bürger*innen am Oberrhein wird es keine eng verzahnte Dreiländereck-Realität geben. Jetzt heißt es die Ärmel hochzukrempeln und sich an die Arbeit zu machen, um das zerschlagene Porzellan wieder zu kitten. Auf geht’s!

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