Beleidigungen und Häme statt Antworten

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann es einfach nicht lassen – statt seinen Landsleuten Antworten auf deren drängende Fragen zu liefern, beleidigt er sie lieber.

Macron - "Da oben waren meine Umfragewerte..;" - Trump - "Kenn' ich...". Foto: U.S. Embassy in France / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Präsident Macron ist gerade auf Weltreise. Nach seiner Teilnahme an der Eröffnungsfeier der Covid-Spiele in Tokio, macht er noch einen Abstecher nach Tahiti. Und von dort aus konnte er es sich nicht verkneifen, die Impfzweifler in der fernen Heimat als „verantwortungslos“ und „egoistisch“ zu bezeichnen. Die Begründung, die er für diesen neuerlichen Aussetzer lieferte, war so dünn wie norwegisches Bier.

Wenn Sie morgen Ihren Vater, Ihre Mutter oder mich infizieren, dann bin ich Opfer Ihrer Freiheit, obwohl Sie die Möglichkeit hatten, sich und mich zu schützen. Und im Namen Ihrer Freiheit haben Sie vielleicht einen schweren Krankheitsverlauf und müssen ins Krankenhaus.“ Tja, klingt gut, allerdings vergisst Macron, dass dieses Szenario ebenso möglich ist, wenn man geimpft ist. Denn zu den wenigen gesicherten Erkenntnissen zu diesem Virus gehört, dass sich auch geimpfte Menschen infizieren, erkranken und Dritte anstecken können.

Dann wieder „Macron pur“. Hämisch gab er zum Besten, dass es seiner Ansicht nach nicht sehr effizient sei, „gegen das Virus zu demonstrieren“. So richtig verstanden hat er offenbar nicht, dass die Menschen nicht „gegen das Virus“, sondern gegen ihn, seine Maßnahmen und seine Regierung demonstrieren. Wie effizient das ist, erfahren wir spätestens im Mai 2022.

Es ist schwer nachzuvollziehen, warum Macron nicht anders kann, als ständig ganze Bevölkerungsgruppen zu beleidigen und zu stigmatisieren. Trafen seine Beleidigungen vor der Pandemie noch überwiegend Arme, Studenten und Arbeitslose, sind es eben jetzt die „verantwortungslosen“ und „egoistischen“ Impfzweifler, die es wagen, das göttliche Wort ihres ebenso göttlichen Präsidenten zu hinterfragen. Dass es einen Zusammenhang mit den immer lauter werdenden Protesten gegen die Corona-Politik in Frankreich und Macrons beleidigendem Umgang mit den Franzosen gibt, scheint man in den Palästen der Macht in Paris nicht zu verstehen. Dabei sind die getroffenen Maßnahmen durchaus mit denen in anderen Ländern vergleichbar, nur dass die Regierungschefs in anderen Ländern nicht dieses Bedürfnis verspüren, ihrer Bevölkerung bei jeder Gelegenheit ihre Geringschätzung auszudrücken.

Nur – bei denjenigen, die massive Zweifel am amateurhaften Management dieser Krise haben, sind auch immer mehr Menschen, die tatsächlich geimpft sind, die Überwachungs- und Kontrollorgie der Regierung aber trotzdem kritisch sehen. Aber keine Sorge, wenn diese Menschen (zu denen auch der Autor dieser Zeilen zählt) auch geimpft sind und sich an die sanitären Vorgaben halten, so wird Macron auch für diese Menschen eine Beleidigungsstrategie finden. Vielleicht ohne lästige Umwege „Majestätsbeleidigung“?

Der Macron’sche Autoritarismus kommt nicht von ungefähr – Emmanuel Macron ist im Wahlkampf und hat sehr wohl die Klatsche analysiert, die ihm die Franzosen bei der jüngsten Regional- und Departementswahl verpasst hatten. Die Regierungspartei LREM konnte keine einzige Region gewinnen und wenn man die Ergebnisse aus allen 13 Regionen zusammenzählt, landet LREM gerade noch auf dem 5. Platz der französischen Parteien.

Mit seinem autoritären Stil versucht Macron nun, Wählerstimmen bei den Rechtsextremen zu gewinnen und dazu auch diejenigen wieder zu mobilisieren, die 2017 für ihn gestimmt hatten und dies inzwischen nicht mehr tun. Doch dass der Präsident gerade Frankreich für seine persönlichen Ambitionen in einen digital-totalitären Überwachungsstaat verwandelt, ist sehr bedenklich. Die Stigmatisierung der (noch) nicht Geimpften wäre gar nicht nötig – die Beleidigungen, Drohungen, Sanktionen, Strafandrohungen, mit denen die Franzosen konfrontiert werden, gehören zu den Gründen, warum viele heute sowohl die Impfung, als auch den „Sanitär-Pass“ ablehnen.

Die Moralkeule, mit der Macron Impfzweifler zu einer Art „Volksfeinde“ erklärt, ist völlig überflüssig. Wohlwollend haben die Franzosen anderthalb Jahre Lügen dieser Regierung auf das Konto von Inkompetenz und mangelnden Informationen gebucht, statt ihrerseits diese Regierung zu „Volksfeinden“ zu erklären. Schade, dass Macron nicht über die gleichen Fähigkeiten wie die Franzosen verfügt – doch ist die Brutalität seines Vorgehens eben politisches Kalkül. „Jupiter“ kämpft um sein politisches Überleben und wenn der Weg zu seiner Wiederwahl über eine langfristige Spaltung der französischen Gesellschaft führt, dann ist ihm das auch Recht.

„Verantwortungslos und egoistisch“, das trifft sicherlich nicht diejenigen, die Fragen stellen und Zweifel anmelden, sondern schon eher eine Regierung, die 18 Monate lang gelogen hat, um ihr eigenes Versagen zu bemänteln.

Frankreich wird sich noch lange an die Regierungszeit von Emmanuel Macron erinnern. Die Zeit bis zur Präsidentschaftswahl 2022 wird lang werden, sehr lang…

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