Benjamin Nethanjahu ist nur noch Verhandlungsmasse
Die politische Karriere des ultrarechten israelischen Regierungschefs ist vorbei. Seine Absetzung im richtigen Moment könnte neue Verhandlungskanäle öffnen. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.

(KL) – „Die Hamas ist nicht ‘die Palästinenser’“, hört und liest man überall, doch dieser Satz lässt sich auch auf Israel und seinen nationalkonservativen Regierungschef Benjamin Nethanjahu anwenden. Den haben nämlich bei der letzten Wahl in Israel im November 2022 mit seiner Partei „Likud“ lediglich 23,41 % der Israelis gewählt und er musste eine 8-Parteien-Koalition bilden, um sich an der Macht zu halten. Insofern hat der Satz „Israel ist nicht Nethanjahu“ vermutlich einen höheren Wahrheitsgehalt als der Satz „die Hamas ist nicht Palästina“.
Nethanjahu ist auch die treibende Kraft bei den illegalen Siedlungen im Westjordanland, er ist verantwortlich für die willkürliche Inhaftierung zahlreicher Palästinenser, er ist ein Ultranationalist, der allerdings nicht in der Lage war, die Bevölkerung vor den Massakern der Hamas zu schützen. Viele Israelis machen ihn heute dafûr verantwortlich, dass die Lage so weit eskalieren konnte und ebenfalls dafür, dass die offenbar vorliegenden Warnungen vor den Hamas-Überfällen nicht ernstgenommen wurden. Kurzum, Nethanjahus politische Karriere wird nun glücklicherweise enden und der Weg wird frei für eine andere Politik in Israel.
Aber warum tauscht man den Mann nicht jetzt aus, warum wird Nethanjahu jetzt nicht vom politischen Hof gejagt? Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen muss Nethanjahu nun dafür sorgen, dass die Hamas in Gaza unschädlich gemacht wird und angesichts der vielen internationalen Hamas- und Palästina-Unterstützer muss er eben die Kritik aus dem Ausland für die Militäroperation gegen die Terrororganisation einstecken. Der zweite Grund wird sein, dass man Nethanjahu zum richtigen Zeitpunkt „politisch opfern“ wird, nämlich wenn es um die Frage geht, wie es nach diesem Konflikt weitergehen soll. Wenn darüber verhandelt werden wird, sollte ein anderer Vertreter der israelischen Regierung am Tisch sitzen und nicht derjenige, der auf israelischer Seite die Hauptverantwortung für die Entwicklung trägt.
Doch bis dahin wird Israel gar nichts anderes übrigbleiben, als den Kampf gegen die Hamas weiterzuführen und alles daranzusetzen, weitere Geiseln zu befreien und die Terroristen unschädlich zu machen. In den letzten Tagen hat man bei verschiedenen Attacken erneut gesehen, dass die Aufrufe der Hamas zur „weltweiten Eskalation des Widerstands gegen Israel“ von Terroristen aufgenommen und umgesetzt wird, wie zuletzt in Paris. Die Aufrufe, beispielsweise seitens des französischen Präsidenten Macron, der international inzwischen weniger beachtet wird als ein Erdogan oder Orban, dass Israel seine Strategie in Gaza ändern soll, ändern nichts daran, dass der Kampf gegen den Terror in Gaza weitergeht. Noch sind über 130 Geiseln in der Hand der Terroristen und die Berichte der freigelassenen Geiseln lassen das Schlimmste befürchten.
Insofern werden die nächsten Tage und Wochen wieder brutale Bilder produzieren und auch, wenn jetzt erstmals die Hamas aufgefordert wurde, die Waffen niederzulegen, so wird dies wohl kaum passieren. Folglich wird Israel seinen Kampf gegen die Terroristen fortführen und danach wird wohl ein anderes politisches Zeitalter in Israel anbrechen. Ohne Nethanjahu.
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