Berlin: (Wahlpannen-)Hauptstadt Deutschlands
Bei der Bundestagswahl und der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin häuften sich die Pannen. Kommt es jetzt zu einer Wahlwiederholung? Karl-Friedrich Bopp hat die Einzelheiten.

(Karl-Friedrich Bopp) – Am 26. September 2021 war für die 2,4 Millionen Wahlberechtigten in Berlin ein großer Wahltag. Gewählt wurde nicht nur für den Bundestag, sondern auch für das städtische Abgeordnetenhaus sowie für die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen. Soviel Demokratie war für die Hauptstadt offenbar zu viel. Täglich mehren sich die Meldungen von Unregelmäßigkeiten, sodass der Ruf nach Wahlwiederholung zumindest der städtischen Vertretungen immer lauter wird.
Falsche und zu wenige Wahlzettel ausgeliefert. Benutzung von selbst kopierten Wahlzetteln. Wahllokale geschlossen. Ergebnisse geschätzt. In manchen Wahlbezirken bis zu 70% ungültige Stimmen. In anderen gab es mehr Stimmen als Wahlberechtigte – bis zu 159% Wahlbeteiligung.
Nein, diese Meldungen kommen nicht aus einem fernen Land, wo Demokratie noch geübt werden muss oder bewusst nur eine Scheinveranstaltung ist. Nein, diese Meldungen kommen aus der Hauptstadt Deutschlands – Berlin.
Kritik kommt von allen Seiten. Die Bundesregierung erwartet eine gründliche Untersuchung der Fehler und Pannen. In Berlin selbst sprach der CDU-Spitzenkandidat Kai Wegener von einem „peinlichen Wahldesaster“. Der Spitzenkandidat der Freien Wähler in Berlin, Marcel Luthe, erwartet eine Wahlwiederholung.
Anders sieht das die potenzielle Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffrey von der SPD. Sie sieht lediglich die Notwendigkeit einer soliden Aufarbeitung, damit die Vorkommnisse sich bei der nächsten Wahl nicht wiederholen. Zufällig ist diese Reaktion nicht. Verantwortlich für dieses Wahldesaster ist schließlich die rot-rot-grüne Koalition (SPD-Die Linke-Grüne), welche die Hauptstadt die letzten vier Jahre regiert hat. Mit Stolz hatte sie für ihre große durchgeführte Verwaltungsreform geworben. Eine Reform mit dem nun für alle Welt sichtbaren Ergebnis. Genau diese Koalition ist Frau Giffrey gerade dabei für die nächsten vier Jahre wieder zusammenzubasteln.
Sicher ist: Bei so vielen Ungereimtheiten blieb der Landeswahlleiterin Petra Michaelis nichts anderes übrig als am letzten Mittwoch ihr Amt zur Verfügung zu stellen. Denn selbst mehr als eine Woche nach dem großen Wahltag hat in Berlin noch immer niemand einen Überblick über die Anzahl der aufgetretenen Pannen.
Am 14. Oktober 2021 soll das amtliche Endergebnis bekanntgegeben werden. Trotz aller Beschwerden sehen Staatsrechtler wenig Chancen auf eine Wiederholung der Wahlen. Dafür müsste es Hinweise geben, dass die Fehler Folgen für die Sitzverteilung in den jeweiligen Vertretungen hätten, wovon im Augenblick nicht ausgegangen wird. Die Satire-Partei DIE PARTEI will es allerdings rechtlich prüfen lassen. Sie bereitet nach eigenen Angaben eine Wahlprüfungsbeschwerde vor.
Ob Wahlwiederholung oder nicht. Werbung für Berlin als Hauptstadt eines demokratisch gefestigten Staates Bundesrepublik Deutschland haben die Verantwortlichen jedenfalls nicht gemacht. Auf eine entsprechende Frage antwortete Regierungssprecher Steffen Seibert lapidar: „Man kann bessere Werbung für sich machen.“
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