Beste Stimmung in Paris

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Rückenwind. Die Wirtschaftszahlen sind gut, das Selbstbewusstsein auch. Und als einziger traut sich Macron, dem türkischen Präsidenten Erdogan die Grenzen aufzuzeigen.

Diese Botschaft vermittelt die neue französische Regierung ihrer Bevölkerung. Foto: CD/ / KAS-ACDP 10-025-297 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Zahlen lügen nicht – Frankreichs Wirtschaft erlebt gerade den lang ersehnten Aufschwung. Zum ersten Mal seit 10 Jahren erfüllt Frankreich die europäischen Stabilitätskriterien mit einem Defizit von 2,4 %, also deutlich unterhalb der 3,0 %-Grenze, die Arbeitslosigkeit ist auf 9 % gesunken und die Regierung interpretiert das, natürlich, als Erfolg ihrer Politik. Doch das ist nicht ganz richtig, wie eine Analyse der Zahlen zeigt.

Für Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ist der Grund für diesen Aufschwung klar – für ihn ist er der „Beweis, dass unsere Politik funktioniert und dass die Strategie des Präsidenten für Wachstum, Budgetsanierung und die Senkung der öffentlichen Ausgaben richtig ist“.

Doch der Aufschwung, den Frankreich gerade erlebt, liegt weniger an der Politik der neuen Regierung als an einer günstigen Großwetterlage der Weltwirtschaft. Denn die im Wahlkampf von macron angekündigten Maßnahmen wie beispielsweise der Abbau von 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst haben noch überhaupt nicht begonnen. Im Gegenteil – trotz der Ankündigung, die Staatsausgaben senken zu wollen, sind diese seit Amtsantritt Macrons sogar gestiegen, und zwar nach Angaben des französischen Statistikamts INSEE um 2,5 % – sie betragen inzwischen 45,4 % des Staatshaushalts. Nur in Dänemark gibt der Staat mehr für sein eigenes Funktionieren aus als Frankreich. Und daran hat sich auch seit Macrons Amtsantritt nichts geändert.

Auch die Staatsverschuldung ist unter Macron nicht gesunken, sondern weiter gestiegen. Sie beträgt inzwischen 2,218 Billionen Euro und damit 97 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und Ökonomen rechnen damit, dass die französische Staatsverschuldung schon bald die 100 % des BIP überschreiten wird.

Der „Erfolg“ der neuen französischen Regierung ist also abhängig von der Weltkonjunktur und damit noch nicht richtig solide. Dazu könnten die neuen Streiks diesen Aufschwung sofort wieder stoppen und niemand weiß, wie sich die französische Innenpolitik weiter entwickeln wird.

Aber, und das ist positiv, diese Entwicklung gibt Macron mehr Gewicht in Europa und dieses Gewicht nutzt er auch. Seine „Einmischung“ in die Auseinandersetzung zwischen der Türkei und den Kurden ist geradezu erfrischend zu einem Zeitpunkt, wo die europäische Politik einen realpolitischen Kotau vor dem Sultan vom Bosporus macht. Auch in den Diskussionen um europäische Reformen, die Macron initiieren will, dürfte das wirtschaftliche Erstarken Frankreichs eine positive Rolle spielen, vorausgesetzt, Angela Merkel spielt mit. Doch was bleibt der Kanzlerin anderes übrig als dieser Dynamik zu folgen?

Also ist es im Grunde zweitrangig, warum Frankreichs Wirtschaft einen Aufschwung erlebt. Solange sich Paris darüber im Klaren ist, dass dieser Erfolg eine Momentaufnahme ist und dass die angekündigten Anstrengungen wirklich geleistet werden müssen, ist alles gut. Sollte sich die neue Regierung allerdings darauf beschränken, sich selbst zu feiern und nicht konsequent weiter zu arbeiten, könnte dieser Aufschwung auch ganz schnell wieder vorbei sein…

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