Besuch an der Front

Gestern besuchte Emmanuel Macron das Feldlazarett, das die französische Armee in Mulhouse aufgebaut hat. Aber ob der Riss zwischen ihm und seinem Volk noch zu kitten ist?

Frankreich bräuchte gerade weniger Napoleon, aber mehr Louis Pasteur. Aber ob der Präsident und sein Volk noch einmal zusammen kommen? Foto: ScS EJ

(KL) – Das war ein sehr französischer Präsidentenbesuch gestern in Mulhouse. Mit viel militärischem Brimborium und einer „zufällig“ vor dem olivgrünen Feldlazarett improvisierten TV-Ansprache, zeigte Emmanuel Macron, dass zumindest er „im Krieg“ ist. Das ist auch vermutlich seine letzte Chance, den abgrundtiefen Graben zuzuschütten, den er selbst zwischen sich und seinem Volk aufgerissen hat. Ein wenig wie George W. Bush im Jahr 2001, als dessen Zustimmungswerte völlig im Keller waren und ihm der Terroranschlag vom 9/11 ermöglichte, die Amerikaner in dem Gefühl zu einen, dass sie alle gegen einen gemeinsamen Feind zusammenstehen müssen. Aber trotz aller Bemühungen will der Funken zwischen Macron und den Franzosen einfach nicht mehr überspringen.

Zuviel Kommunikation tötet die Kommunikation. Fast eine halbe Stunde dauerte seine Ansprache am Ende seines Besuchs in Mulhouse und auch, wenn er für die Zeit nach der Krise große Reformen für den Gesundheitssektor ankündigte, so erinnern sich die Franzosen immer noch daran, dass er nur wenige Monate zuvor den in Paris für bessere Arbeitsbedingungen demonstrierenden Krankenschwestern und -Pflegern seine Sondereinsatztruppe CRS auf den Hals schickte und sie mit Tränengas einsprühen und zusammenschlagen ließ. Genau diese Krankenschwestern und -Pfleger, die er heute als „Helden der Nation“ bezeichnet. Trotz vieler Wort ist diese voll choreographierte Kommunikation, mit einstudierten Blicken und Gesten und diesem leicht übertriebenen Pathos nicht mehr so richtig glaubwürdig.

Man stelle sich Angela Merkel vor, wie sie 27 Minuten Allgemeinplätze und Danksagungen an die Helden der Nation vom Blatt abläse – das ginge überhaupt nicht. Zwar verkünden die Regierungsmedien, dass seit Beginn der Corona-Krise die Popularität des Präsidenten durch die Decke gegangen sei, doch an diese „Umfragen“ glaubt inzwischen auch niemand mehr. Das generelle Gefühl ist, dass Macrons „neue Welt“ eben tatsächlich keine neue Welt, sondern, wie er es ja auch selbst gelegentlich zum Besten gibt, die „alte Welt unter Amateur-Management“ ist. Und so laufen momentan auch viele Dinge ab.

Dass der Präsident, der in Frankreich bei allen Dingen die letzte Entscheidung hat, am 15. März und trotz Ausgangssperre den ersten Wahlgang der Kommunalwahlen durchführen ließ, bei dem Millionen Franzosen auf engem Raum zusammen kamen und sich viele Menschen offenbar mit dem SARS-CoV-2 infizierten, das nimmt ihm Frankreich übel. Dass er hinterher behauptete, die Opposition hätte so großen Druck auf ihn ausgeübt, dass er gar nicht anders konnte, auch das glaubt man ihm nicht – jeder weiß, dass die Opposition in Frankreich keinerlei Einfluss hat und schon gar nicht den Präsidenten zu einer Entscheidung zwingen kann, die er so nicht reffen will.

Inzwischen hält Macron alle paar Tage eine pathetische Rede an sein Volk, schmettert „Vive la France!“ und bemüht einen sehr militärischen Duktus – aber Frankreich ist nicht im Krieg, sondern versucht, wie andere Länder auch, eine Gesundheits-Katastrophe in den Griff zu bekommen. Alles ist ein wenig zu glatt, ein wenig zu einstudiert, ein wenig zu pathetisch. Momentan braucht Frankreich keinen Napoleon, sondern einen Louis Pasteur – kein Gerede von Krieg, sondern wissenschaftliche Statements.

Seine Regierungsmitglieder überschlagen sich vor Peinlichkeiten, offenen Lügen, inkompetentem Gestammel und auch hier sehen viele Franzosen die Verantwortung für den Regierungskader beim Coach. 17 Mitglieder seiner Regierung mussten in den ersten zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit ausgetauscht werden, das gab es noch nie in der V. Republik. Da wie im Sport auch in der Politik der Kader vom Chef zusammengestellt wird, trägt dieser eben auch die Verantwortung für seine Personalentscheidungen.

Gut, der Präsident kämpft. Allerdings kämpft er seinen ganz persönlichen Kampf um die Anerkennung seiner Landsleute. Doch die sind nicht im Krieg, sondern hätten gerne, dass die aktuelle Krise vernünftig gemanagt wird, dass die sozialen Konflikte im Land gelöst werden, dass der Umgang zwischen Staat und Zivilgesellschaft kein Kampf des Staats gegen das Volk, sondern ein Miteinander wird. Dafür braucht es weniger pathetische Reden, als vielmehr konkrete Aktionen, Transparenz und ein wenig mehr Ehrlichkeit in der Politik. Aber das werden wir wohl unter der V. Republik nicht mehr erleben. Vielleicht in der VI. Republik?

1 Kommentar zu Besuch an der Front

  1. René ECKHARDT // 26. März 2020 um 20:21 // Antworten

    Pour bien montrer que Jupiter est au-dessus de tous les dangers :
    Macron est allé à Mulhouse ! Depuis 10 jours on nous vaccine de ne pas sortir, de rester confinés non pas uniquement pour nous-même mais pour protéger les autres. Comme il restait des récalcitrants, le gouvernement a augmenté les amandes d’une manière substantielle principalement en cas de récidives ! Macron ne s’est pas privé de se jeter dans la gueule de l’ennemi (puisque nous sommes en guerre nous dit-il) en allant à Mulhouse et il est retourné à Paris après avoir entrainé des dizaines de personnes (chauffeurs, assistants, élus locaux, préfet etc. qui l’avaient accompagné et le tout pour aller visiter un hôpital de campagne dont il dit qu’il a été monté en un temps record de 8 jours alors que les asiatiques avaient construit en hôpital en dure en 4 jours !
    Après avoir passé la soirée etc. avec sa femme qui pourrait bien être positive demain, elle ne se privera pas d’aller se promener sur les quais à Paris comme la semaine dernière. J’en déduis que le confinement n’est que pour le peuple ? La Famille royale anglaise est confinée au Château de Windsor, le Prince Albert de Monaco est confiné etc. !!
    Dans un discours mielleux (alors que son premier ministre avait lâché les chevaux dans l’après midi en nous promettant des larmes et du sang) il a annoncé que le confinement (dont soit dit au passage il n’a toujours pas prononcé le nom !) sera prolongé. Dans toutes les formations de guerre chimique et ce n’est finalement pas autre chose, la stratégie enseignées et de confiner les sujets malades après en avoir vérifié la réalité par test. Nous faisons l’inverse en confinant l’ensemble de la population en faisant la sourde oreille à toutes autres solutions ! La raison est évidente, nous n’avons pas de tests, ni de masques etc.
    Le résultat sera que le pays dont Fillon disait à juste titre qu’il était en faillite, sera en banqueroute et n’aura plus les réserves nécessaires à un redressement !
    Voilà l’état actuel de la France que d’autres avant Macron avaient déjà abîmé depuis 1980 mais que Macron nous avait promis de redresser.
    Pendant ce temps d’autres pays ont fait de la gestion de crise professionnelle. En Allemagne le choix a été d’isoler les malades et de les soigner. Cette stratégie a été appliquée par Angéla Merkel qui s’est confinée dès lors qu’elle avait été reconnue atteinte du virus et a assuré sa mission depuis son domicile jusqu’au moment où le soupçon a été levé ! Je ne dis pas, et loin s’en faut, que l’Allemagne sortira indemne des cette crises mais les dégâts seront moins irréparables.

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