Bleibt Stuttgart grün?

Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart. Bekommen DIE GRÜNEN ein zweites Mandat? Karl-Friedrich Bopp erklärt die Hintergründe.

Die Bilanz des scheidenden Stuttgarter OBs Fritz Kuhn ist weniger "grün", als man das erwartet hatte. Foto: Heinrich-Böll-Stiftung / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Am 8. November 2020 fand die erste Runde der Oberbürgermeisterwahlen in der 613.000 Einwohner zählenden Stadt Stuttgart statt, der Partnerstadt von Strasbourg. 2013 gewann dort etwas überraschend mit Fritz Kuhn zum ersten Mal ein Mitglied der ökologischen Partei DIE GRÜNEN. Das Mandat eines Bürgermeisters in Baden-Württemberg ist auf acht Jahre angelegt. Fritz Kuhn entschied, sich nicht für eine Wiederwahl aufzustellen zu lassen. Wie hoch stehen die Chancen, dass DIE GRÜNEN auch für die nächsten acht Jahre den Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin stellen?

Wie zu erwarten, sagte Fritz Kuhn frisch gewählt 2013 zu, Umweltpolitik in den Mittelpunkt seines Mandates zu stellen. Im seinem Wahlkampf betonte er, im Bereich Verkehr und Energie mehr Klimaschutz einzubringen. Fuß- und Radwege, aber auch der öffentliche Nahverkehr sollten ausgebaut werden. Der soziale Wohnungsbau sollte vorangetrieben werden. Soweit die Vorhaben.

Nun die Bilanz. In Stuttgart liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei 13 Prozent und liegt damit im Vergleich mit anderen Städten Baden-Württembergs eher niedrig. Die Radwege wurden zwar ausgebaut, aber nicht mit der Energie, die man von einem Grünen hätte erwarten können. Im öffentlichen Nahverkehr wurde eine Tarifreform lediglich angeschoben. Was Mietpreise angeht, hat sich in Stuttgart in acht Jahren nichts verbessert. Schlimmer, inzwischen hat die Stadt bei den Mieten und Quadratmeterpreisen sogar München übertroffen. Ob der Vorwurf, er sei nicht dynamisch genug in der Herangehensweise an die Probleme, Fritz Kuhn bewogen hat nicht mehr anzutreten?

Im Wahlkampf traten 14 Kandidaten und Kandidatinnen an. Da kein Kandidat die absolute Mehrheit gewann, können theoretisch alle Kandidaten am 29. November 2020 erneut an der Stichwahl teilnehmen. Am besten abgeschnitten haben Frank Nopper von der CDU (32%), der Partei Angela Merkels, gefolgt mit deutlichem Abstand von Veronika Kienzle von den GRÜNEN (17%).

Frank Nopper will vor allem mit seiner 18jährigen Erfahrung als Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Backnang (knapp 40.000 Einwohner) punkten. Den sozialen Wohnungsmarkt will er mit dem jährlichen Bau von 2000 Mietwohnungen entspannen, einer Verdoppelung der Zahl unter Fritz Kuhn. Veronika Kienzle pocht vor allen Dingen auf ihre Verankerung in der Stadt, in der sie bereits seit 16 Jahren Bezirksvorsteherin ist. Auch sie will den Wohnungsmarkt entlasten, allerdings ohne neue Bauten ins Grüne zu stellen. Für eine komplette Renovierung der Oper setzen sich beide ein. Trotzdem will keiner von beiden die Kosten bestätigen, die auf eine Milliarde Euro geschätzt werden.

Was den endgültigen Wahlausgang angeht, liegt der größere Druck erwartungsgemäß auf Veronika Kienzle. Zum einen stellt ihre Partei im Augenblick die größte Fraktion im Gemeinderat. Zum anderen würde eine Niederlage in der Landeshauptstadt als schlechtes Omen für die im Frühjahr 2021 anstehenden Landtagswahlen gelten.

Die Stichwahl findet am 29. November 2020 statt. Wer die einfache Mehrheit der Stimmen auf sich vereint, darf sich auf eine Amtszeit bis Anfang 2029 freuen. Und Eurojournalist(e) wird natürlich über den Ausgang in der Partnerstadt von Strasbourg berichten…

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