Blick über den Tellerrand

Das Management der Covid-19 Pandemie in Frankreich, Deutschland und Japan. Der Versuch eines Vergleichs.

In Japan scheint die Covid-Krise besser gemanagt zu werden als bei uns. Foto: Syced / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Die Zahlen sind verheerend. Schließlich handelt sich ja um Menschen, um unsere Verwandte, um unsere Freunde. Stand 6. November 2020 zählt Frankreich 39 037 Männer und Frauen, die den Virus Covid-19 nicht überlebt haben. In Deutschland stieg die Zahl auf 11 191 und in Japan auf 1806. Wie bitte? Nein, es wurde bei Japan keine Null vergessen. Die Anzahl Todesfälle einmal auf 1 Million Einwohner bezogen, ist der Unterschied noch beeindruckender. Frankreich liegt bei 600, Deutschland bei 134 und Japan gerade mal bei 14.

Wie kann sich in den europäischen Ländern die Pandemie so explosionsartig ausbreiten, während ein asiatisches Land wie Japan die Infektionsübertragung offensichtlich im Griff hat? Immerhin ist das Ursprungsland der Pandemie, China, ein direkter Nachbar.

Alle drei Länder sind etablierte Demokratien. Alle drei Länder besitzen nach WHO Kriterien ein gut funktionierendes Gesundheitssystem. Und doch gibt es solch gravierende Unterschiede in der Pandemie-Bekämpfung sowohl von Deutschland und Frankreich im Vergleich mit Japan? Nachfolgend ein Versuch, ein paar Gründe dafür herauszuarbeiten.

Zunächst die geographische Lage. Japan ist ein Inselstaat. Das könnte ein Vorteil im Kampf gegen die Pandemie gewesen sein. Es ist klar, dass es schwieriger ist einen Inselstaat zu betreten, als einfach eine Binnenlandgrenze zu überqueren. Nur, dann sollte dieser Vorteil auch für Großbritannien gelten.

Dann gehört Japan zu den asiatischen Staaten, wo das Tragen von Masken schon seit geraumer Zeit zum Alltag gehört. Vor Covid-19 war es in Europa vollkommen unüblich, aus Gründen etwa der schlechten Luftqualität oder eines wütenden Grippevirus mit einer Maske herumzulaufen.

Vielleicht war Japan auch nur einfach besser vorbereitet, da es in der jüngeren Vergangenheit schon andere Epidemien wie die SARS-Epidemie 2002/2003 oder die Schweinegrippe-Pandemie von 2009 durchlebt hat? Mit Sicherheit wurden diese Erfahrungen genutzt, um in den letzten 10 – 15 Jahren in den Aufbau von Strategien, Systemen und Kapazitäten zu investieren, mit denen im Ernstfall auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.

Die Liste von Gründen, die man hier anführen könnte, kann sicherlich noch verlängert werden. Nur, die entscheidende Frage lautet doch: „Lässt sich dadurch wirklich erklären, dass in Deutschland beinahe 10mal und in Frankreich mehr als 40mal so viel Männer und Frauen an Covid-19 bisher sterben mussten als in Japan?“

Die wichtigste Antwort auf diese Frage könnte sein, dass die japanische Gesellschaft auch aus kulturellen Gründen ein höheres Vertrauen in die von der Regierung getroffenen Maßnahmen zeigt. Mit Sicherheit existiert  in Frankreich solch ein Vertrauen längst nicht mehr. Jeder erinnert sich doch noch an das Kommunikationsdebakel, als im Frühjahr das Tragen von Masken als nutzlos dargestellt wurde oder das Virus von politisch Verantwortlichen mit einer leichten Grippe verglichen wurde.

Als weiterer Grund könnte der größere gesellschaftliche Zusammenhalt in asiatischen Ländern wie Japan genannt werden, der bei der breiten Bevölkerung einschneidende Maßnahmen in das tägliche Leben leichter Zustimmung finden lässt.

Gerade in Deutschland und Frankreich gibt es doch immer größere Teile der Gesellschaft, die zwar dort leben, sich aber absolut nicht dieser Gesellschaft zugehörig fühlen und daher von der nationalen Politik vorgegebene Regeln von Grund auf missachten.

Erst wenn diese zentralen gesellschaftlichen Fragen in Deutschland und Frankreich angegangen werden, machen drastische Maßnahmen wie eine generelle Ausgangssperre oder eine strenge Regelung von Kontakten im privaten Bereich wieder Sinn. Die (noch) Lebenden hätten es verdient.

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