Bodenhaftung: Was für unter die Füße

Eine lange Niederlagenserie endete für die Straßburger Basketballer letzten Samstag. Und nun geht es als Titelverteidiger nach Paris zum Leaders Cup: Das waren noch Zeiten, als SIG Strasbourg zu den ersten Acht in der ersten Liga gehörte...

An den Beinen von Scottie Reynolds erkennt man es - der SIG mangelt es gerade an Bodenhaftung... Foto: P. Gigon / SIG Strasbourg

(Von Michael Magercord) – Die offizielle Website von SIG Strasbourg tat es kund: 84 Tage mussten vergehen bevor die Profiabteilung des altehrwürdigen Basketballvereins mal wieder einen Sieg in einem Pflichtspiel davon tragen konnte. Am letzten Samstag war es soweit. Gegen den Ligakonkurrenten aus Limoges musste man zwar über die Verlängerung gehen, aber dann war es mit 105 zu 100 Punkten geschafft: Sieg für SIG!

Dreizehn Spiele infolge verloren – das hatte bis dahin noch nicht gegeben. Sowohl in der Liga wie in der europäischen Champions League blieb die Mannschaft sieglos. Die Niederlagenserie gipfelte schließlich in dem Rauswurf der Trainerlegende Vincent Collet. Sein finnischer Co-Trainer Lassi Tuovi hat nun den Chefposten inne. Und der glaubt an seine Truppe, wie er auf einer ersten Pressekonferenz betonte: wäre es nicht so, hätte er den Trainerjob gar nicht erst übernommen.

Dass Glaube Berge versetzen kann, wissen selbst Atheisten unter den Sportlern, nur das die dann von „mentaler Stärke“ sprechen. Und wenn man dann auch noch an einigen Stellschrauben im Spielsystem dreht, kann sich selbst ohne tatsächliche Umstellung die Einstellung ändern – und siehe: es klappte! Im letzten bedeutungslosen Gruppenspiel der Champions League gegen den Tabellenführer aus Ankara fehlte noch ein einziges Pünktchen und schon da applaudierte das Publikum herzlich. Und nach der gewonnenen Verlängerung gegen Limoges tobte nun die Halle – und klar, dass Spieler und Trainer ihre Anhänger, die sogenannte „SIGArmy“, in höchsten Tönen lobpriesen.

Und die Spieler, haben sie nun wieder Boden unter den Füßen? Gut, im ersten Spiel nach dem ersten Sieg drehte sich nach einem furiosen Auftaktviertel mit 38 erzielten Punkten das Spiel doch wieder zur Niederlage. Aber es ging ja auch gegen den Tabellenvierten mit Titelambitionen aus Boulogne-Levallois. Und es war ein Auswärtsspiel, denn was über die 84 Tage besonders bitter aufstieß: die meisten Niederlagen kassierte man bei Heimspielen in Straßburg. Ausgerechnet Daheim, wo man die größte Basketballhalle der französischen Liga hat, in der sich ein besonders treues Publikum einfindet, dem man aber nichts als Niederlagen zu bieten hatte. Und auch noch zu einem Zeitpunkt, wo die Vereinsspitze schöne Pläne hegt für eine noch größere Halle mitten in der wunderbaren Neubauwelt im Stadtteil Wacken – und dann spielt die gutdotierte Profimannschaft nicht einmal mehr ernsthaft um den Titel mit…

Wer in den Hallenplänen allerdings ein Anzeichen für einen Verlust an Bodenhaftung erkennen will, den weist das Präsidium des Vereins zurecht: Die Geldmittel, die für die Arena veranschlagt sind, und jene, die für die Mannschaft bereitstünden, stammen aus völlig unterschiedlichen Töpfen. Wer da mangelnde Bodenständigkeit anprangert, habe keine Ahnung vom Geschäftsleben, erklärte Vereinspräsident von SIG auf derselben Pressekonferenz, auf der auch der neue Trainer seine Glaubensfestigkeit verkündete: Im Geschäftsleben, so Martial Bellon, gibt es nämlich immer mal wieder Aufs und Abs, nur dass bei unspektakulären Gewerben keiner hinschaut. Beim Spitzensport ist aber nun einmal Publikum dabei, da meinen dann wohl auch alle, mitreden zu können – auch jene, die keine Ahnung haben.

Okay, Okay, verstanden – so haben wir also keine Ahnung von nichts und schauen einfach auf die Ergebnisse in den verbleibenden elf Spieltagen der Liga. Und natürlich auf die jetzt am Wochenende beim Leaders Cup, dem Miniturnier der ersten Acht der Abschlusstabelle der Hinrunde. Bei diesem Wettbewerb ist SIG Strasbourg sogar Titelverteidiger. Der Ligapokal hat nur einen Nachteil: Für die heimischen Fans bleibt er  ein Fernereignis, denn die Spiele finden allesamt in Paris statt. Aber das nächste Heimspiel in Straßburg steht ja noch vor dem Ende dieses turbulenten Monats an und gegen den Tabellenletzten aus Le Portel gibt’s vielleicht sogar den nächsten Sieg für SIG!

Leaders Cup
14. bis 16. Februar – erstes Spiel für SIG gegen Asvel Lyon am Freitag um 15.30 Uhr

Folgendes Heimspiel in der französischen Liga:
SIG Strasbourg – Le Portel
SA, 29. Februar 20 Uhr
Rhenus-Halle in Wacken

Infos und Ticket unter: www.sigstrasbourg.fr

2 Kommentare zu Bodenhaftung: Was für unter die Füße

  1. Michael Magercord // 14. Februar 2020 um 19:14 // Antworten

    SIG – Asvel: 72 zu 91 – das war’s dann auch schon im Leaders Cup 2020 für SIG, Ende bereits im Viertelfinale. Lyon ist eine Nummer zu groß für die Straßburger in dieser Verfassung. Das hat ja auch was Gutes: volle Kraft voraus nun in der Liga A! Und da ist noch alles drin, von der Teilnahme an den Play-Offs zur Meisterschaft und dem Relegationplatz zum Abstieg in Liga B trennen die Basketballer von SIG jeweils zwei Siege bzw. Niederlagen – wir bleiben dran…

    • Eurojournalist(e) // 16. Februar 2020 um 9:49 // Antworten

      Wie cool, “dann können wir uns jetzt ganz auf die Liga konzentrieren” – der Kommentar alles Pokal-Verlierer… bei der SIG knirscht es reichlich im Gebälk und es wird Zeit, endlich aufzuwachen! 2 Niederlagen vom Relegationsplatz entfernt…

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