Bonusmeilen für Spitzenpolitiker

Erst der Europagipfel in Reykjavik, dann der G7-Gipfel in Hiroshima und heraus kommt bei diesen vielen Reiseaktivitäten nicht viel. Nur Selensky kann zufrieden sein.

Die G7-Spitzen - zwischen politischer Inkompetenz und Wunschdenken. Foto: Number 10 / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Offenbar haben die Spitzen der EU und der G7-Länder die jüngste Rede von Olaf Scholz vor dem Europäischen Parlament in Straßburg nicht gehört, in welcher der Bundeskanzler mehr Realismus und partnerschaftliches Denken im Westen gefordert hatte. Doch das, was bei den beiden Gipfeln in Island und Japan herausgekommen ist, sind nichts anderes als wieder einmal westliche Supermacht-Attitüden, ein verbaler Angriff auf China und ansonsten eine Art Geld- und Waffensammel-Tournee für Wolodomyr Selensky, der bei jedem Zwischenstopp ein paar Milliarden und Zusagen für Waffensysteme einsammelt. Doch außer nicht sehr überzeugend klingenden Drohungen gegen China fällt den Mächtigen der westlichen Welt nicht viel ein. Schon gar keine Friedens-Strategie. Und überhaupt, das Wort „Frieden“ hat man weder in Island, noch in Japan sehr oft gehört.

In Hiroshima (was für eine wunderbare Idee, im zweiten Kriegsjahr an diesem symbolträchtigen Ort einen G7-Kriegsgipfel abzuhalten) klang dann alles schon wieder anders als neulich, als Frankreichs Präsident Macron in China erklärt hatte, dass ein chinesischer Angriff auf Taiwan nicht sein Problem sei und man daher in einem solchen Fall nicht eingreifen würde. Jetzt warnen die G7 China vor solchen Szenarien und erklären gleichzeitig, dass sie wirtschaftliche Abhängigkeiten von China reduzieren wollen. Und dann wäre es angebracht, würde China auf Russland einwirken, damit Putin seinen Krieg in der Ukraine beendet.

Dass die G7-Länder China im gleichen Atemzug anbieten, im Bereich des Klimaschutzes zu kooperieren, klingt fast wie Hohn. Und der Westen hat immer noch nicht begriffen, dass es wenig Sinn macht, davon zu träumen, China würde seinem wichtigsten Partner in der BRICS-Organisation in den Rücken fallen, um es dem Westen Recht zu machen. Diese westliche Vorstellung, einen Keil in die BRICS-Staaten treiben zu können, bewegt sich irgendwo zwischen politischer Inkompetenz und reinem Wunschdenken.

Erstaunlich, dass man diese beiden unmittelbar aufeinander folgenden Gipfel nicht genutzt hat, endlich eine echte Strategie zum Ukraine-Krieg auszuarbeiten. Da ist es schon einfacher, weiterhin die „roten Linien“ zu überschreiten, die man vor nicht langer Zeit gezogen hat. Auch will der Westen nun darauf achten, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen eingehalten werden. Denn das werden sie nicht, die Sanktionen werden in erster Linie umgangen, was zwar in einigen Bereichen zu neuen Handelswegen, aber keinesfalls zum Ende der Handelsbeziehungen mit Russland führt. Nach wie vor kauft der Westen russische Energieträger, die eben jetzt über Indien und die Türkei geliefert werden; nach wie vor verkaufen wir viele Dinge nach Russland, die dort gebraucht werden. Aber jetzt werden wir im Westen ganz bestimmt ganz konsequent bei den Sanktionen sein. Na klar.

Die Reaktionen aus Peking und Moskau auf die Weltmacht-Attitüden des G7 ließen nicht lange auf sich warten. Wenn Peking, das normalerweise den diplomatischen Duktus einhält, von „starker Unzufriedenheit“ mit den G7-Erklärungen spricht, meint das wirklich eine sehr starke Verärgerung. Dass auch Russlands Außenminister Lawrow davon sprach, dass die G7-Länder „Russland und China zügeln“ wollen, war ebenfalls zu erwarten.

Nur – was bringen in der jetztigen Situation diese ständigen Drohungen, Beschimpfungen, „Warnungen“? Warum hört der Westen nicht auf einen Olaf Scholz, der von „Partnerschaften“ und einer Art europäischer Bescheidenheit spricht? Warum ist kein einziger der vorgelegten Friedenspläne, wie derjenige aus Italien, jemals auch nur besprochen worden? Warum ist „Frieden“ inzwischen ein Schimpfwort geworden?

Nach den beiden Gipfeln dürften sich lediglich die Rüstungskonzerne freuen, denn ihr Geschäft wird auf Jahre hinaus brummen. Damit das auch möglichst lange dauert, mobilisiert der Westen alles, was er hat und auch das, was er nicht hat. Aber immerhin – der Westen wird ein „Schadensregister“ anlegen, um darin die Kriegsschäden in der Ukraine zu dokumentieren, denn man ist sich ja einig, dass Putin für diese Schäden aufkommen wird. Da glauben wir jetzt ganz fest daran. Und das ist als „Ergebnis“ dieser beiden Gipfel ziemlich dünn. Nur Bonusmeilen gab es haufenweise für die ganzen Beamten, Mitarbeiter und Helfer dieser Gipfel.

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