Boris Johnson ist schwer angeschlagen

Zwar hat der britische Premierminister das innerparteiliche Misstrauensvotum gewonnen, doch der Widerstand gegen den seltsamen Regierungschef formiert sich.

Nochmal Glück gehabt - BoJo hat das Misstrauensvotum seiner Partei überstanden... Foto: Office of U.S. House Speaker / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Boris Johnson hat Glück gehabt. Die Tories wollten, kurz vor zwei Nachwahlen zum Unterhaus Ende Juni, die Partei nicht zerreißen. So gewann Johnson die Abstimmung zwar mit 211 zu 148 Stimmen, doch sitzt Johnson seit dem „Partygate“ nicht mehr fest im Sattel. Langsam begeben sich potentielle Nachfolger in die Startlöcher und sobald sich jemand als mehrheitsfähiger Nachfolger präsentiert, dürften die Tage von Boris Johnson an der Spitze der britischen Konservativen gezählt sein.

Seltsam ist allerdings, dass nicht etwa der katastrophale Brexit mit seinen Konsequenzen das politische Ende von Boris Johnson auslöst, sondern das „Partygate“. Während der Lockdowns hatten Johnson und seine Freunde ausschweifende Partys in Downing Street 10 gefeiert, während der Rest des Landes quasi weggesperrt war. Dies hatte zur Folge, dass Boris Johnson zum ersten britischen Premierminister wurde, der von der Polizei eine Strafe aufgebrummt bekam, weil er seine eigenen Gesetze gebrochen hatte. Und das schlucken die britischen Konservativen nicht.

Dass Johnson das Misstrauensvotum überstand, verdankt er in erster Linie dem Umstand, dass am 23. Juni zwei Nachwahlen in Wahlkreisen stattfinden, die als richtungsweisend betrachtet werden. Die seit dem Brexit ohnehin schwer in der Kritik stehenden Konservativen können es sich nicht leisten, dass die Parteiführung nur drei Wochen vor diesem Wahltermin explodiert. Insofern ist Boris Johnson inzwischen ein Regierungs- und Parteichef auf Abruf, der in dem Moment ausgetauscht werden dürfte, wenn sich die Tories auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin einigen können.

Potentielle Nachfolger gibt es mehr als genug und hier liegt auch eines der Probleme der Tories. Hoffnungen machen sich beispielsweise Tobias Ellwood, ein Brexit-Gegner, der Großbritannien so schnell wie möglich wieder in den europäischen Binnenmarkt führen möchte, aber eben auch Kandidaten wie Steve Baker, der ein vehementer Verfechter des Brexit ist. Ambitionen auf den Parteivorsitz und damit möglicherweise den Posten des Regierungschefs machen sich auch der frühere Gesundheitsminister Jeremy Hunt, Außenministerin Liz Truss und andere. Angesichts der Kandidatenvielfalt erkennt man, dass die Wahl des Nachfolgers von Boris Johnson eine Richtungswahl werden wird. Entweder bestärken sich die Tories selbst auf ihrem Brexit-Kurs, oder aber sie machen eine Kehrtwende und werden versuchen, schrittweise wieder aus dem Brexit auszusteigen, nachdem sich zeigt, dass dieser jämmerlich schlecht vorbereitet war und den Briten nichts als Schwierigkeiten und Ärger bringt, ganz abgesehen davon, dass er dabei ist, die Einheit des Vereinten Königreichs zu sprengen.

Während sich Boris Johnson nach seinem „Erfolg“ beim Misstrauensvotum freute und ankündigte, sich jetzt ganz auf das Regieren konzentrieren zu wollen, hat das Ende seiner politischen Karriere bereits begonnen. Großbritannien und die Tories bereiten sich auf die Zeit nach Boris Johnson vor und das könnte zu einer interessanten Entwicklung führen.

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