Boris Johnson stellt seine Brexit-Truppe auf

Der seltsame Premierminister Boris Johnson hat das Kabinett komplett umgestaltet. Ab sofort haben die Hardliner das Wort.

Dass die Briten einem solchen Clown die Zukunft ihres Landes anvertrauen, spricht nicht gerade für den Geisteszustand auf der Insel... Foto: ScS EJ

(KL) – Boris Johnson zählt wirklich auf Neuverhandlungen mit der EU? Das tut er vermutlich gar nicht – seine Strategie ist eine ganz andere. Boris Johnson zeigt durch seine Kabinettsumbildung, was er wirklich vorhat. Er steuert auf den „Hard Brexit“ zu und stellt bereits heute die Weichen, die Schuld dafür der bösen EU zuzuweisen. Angesichts der Tatsache, dass der Mann es schafft, seit 2016 mehr als 60 Millionen Briten an der Nase herumzuführen, stehen seine Chancen gut, auch die Kommunikation des verschlafenen Brüssel auszustechen. Ein Blick auf sein neues Kabinett zeigt, was Johnson wirklich will.

Die wichtigste Änderung ist wohl die Berufung von Dominic Raab zum Außenminister. Dominic Raab? Den kennen wir doch! Richtig – bis letzten November war der Mann „Brexit-Minister“ und er war zurückgetreten, da er Theresa Mays Verhandlungen mit der EU als zu soft betrachtete. Für Raab konnte der Brexit gar nicht hart genug sein, der Mann ist ein echter, neonationalistischer Überzeugungstäter, ein Mann ganz nach dem Geschmack seines neuen Chefs. Es ist nun Aufgabe der EU, gegenüber den Briten eine klare Linie zu fahren. „Keine weiteren Verhandlungen“ bedeutet „Keine weiteren Verhandlungen“. Und die „Schuldfrage“ für den Brexit ist ohnehin eindeutig geklärt – nicht die EU kündigt Großbritannien, sondern die Briten haben ihren Austritt aus der EU erklärt und waren drei Jahre lang nicht in der Lage, ein auch nur halbwegs realistisches Szenario für diesen Unsinn zu erarbeiten. Das Chaos lässt sich nur schwer der EU in die Schuhe schieben.

Und irgendwie scheinen die Briten selbst immer noch nicht verstanden zu haben, was sie da gerade treiben. Dominic Raabs erste Erklärung nach seiner Ernennung besagte, dass man auf jeden Fall bis zum 31. Oktober aus der EU ausgetreten sein will, „am liebsten mit einem Abkommen“. Denn es sei wichtig, dass es nun bei den Verhandlungen zu endgültigen Lösungen kommt. Nur – warum sollte die EU sich wieder an den Verhandlungstisch setzen? Seit über drei Jahren wird verhandelt und das Hauptproblem bei diesen Verhandlungen ist, dass die Briten keinerlei Vorstellung haben, was sie eigentlich konkret wollen. Es gibt keinen Grund, jetzt erneut zu verhandeln und Boris Johnson das zu schenken, was er vollmundig vor dem Tory-Parteitag verkündete: „Einen besseren Deal für Großbritannien“.

Die Kabinettsumstellung zeichnet einen deutlichen Rechtsruck der britischen Regierung auf. Johnsons Konkurrent um den Parteivorsitz und den Posten des Premierministers Jeremy Hunt lehnt das ihm angebotene Verteidigungsministerium ab und bekam daraufhin den Stuhl vor die Tür gestellt. Mit Ben Wallace übernimmt ein Brexit-Hardliner das Amt.

Gleiches gilt für das Innenministerium, das künftig von der Brexit-Verfechterin Priti Patel geleitet wird. Der bisherige Innenminister Sajid Javid wechselt ins Finanzministerium und das seltsame Brexit-Ministerium bleibt in der Hand von Steve Barkley.

Die Schlüsselpositionen des Kabinetts sind nun durch und durch mit Brexit-Verfechtern besetzt und die 93.000 Rentner, die gegen den Willen der Mehrheit der Briten dieses Desaster angerichtet haben, können zufrieden sein.

Doch sollten sich diese vergreisten Tory-Anhänger beim „Rule Britannia“-Singen beeilen, denn damit, was ihr Held Boris Johnson gerade abzieht, verwandelt sich Great Britain in Little Britain und die Welt wird sich noch lange darüber amüsieren, wie 60 Millionen Lemminge einer Handvoll Lügner auf den Leim gegangen sind und ihr über Jahrtausende aufgebautes Königreich im Handstreich zerfetzt haben werden. Und wäre es nicht so traurig und ärgerlich, würden wir gerne mitlachen. Aber angesichts des kollektiven Aussetzers der Briten ist einem eher zum Heulen zumute…

 

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